(Quelle: Aditt) |
(Predigtskizze von P. Robert Streit O.M.I., die Unterüberschriften zur Ordnung der einzelnen Teile sind weggelassen)
Der greise Simon trägt das göttliche Kind auf seinen Armen
und preist es als der Heiden Heil und der Heiden Licht. Simeons Gefühle und
Worte sind Gefühle und Worte hoher, edler Missionsbegeisterung, wie solche auch
jeden wahren Missionsfreund beseelen müssen.
Ihm wird Simeon zum Vorbild
1) in seiner Glaubenstiefe,
2) in seiner Glaubensweite.
Simeon ist dem Missionsfreund ein leuchtendes Vorbild
I. in seiner Glaubenstiefe, denn jeder wahre, echte Missionssinn
muss zur Voraussetzung haben:
1) den eigenen Glaubensbesitz. Wir können nicht geben, was
wir selbst nicht haben. Christus müssen wir erst selbst im Herzen tragen, bevor
wir ihn anderen bringen können. Der echte Missionssinn schöpft seine große
Freudigkeit aus dem eigenen Glaubensbesitz.
2) die eigene Glaubensüberzeugung. Der Glaube, den wir
besitzen, darf kein mechanischer Glaube oder gar nur eine Gefühlsreligion sein;
er muss von uns lebendig erfasst, in uns eine Überzeugung sein. Alle
Seelenkräfte, auch die Vernunft, müssen in seinem Dienst stehen. Wir können das
nicht schätzen, was wir selbst nicht kennen. Um die Mission schätzen zu lernen,
müssen wir von der Notwendigkeit des Glaubens, der Gnade usw. durchdrungen
sein. Unser Glaube muss Licht und Wärme und Leben sein;
3) die eigene Glaubensstärke. Je größer die
Glaubensüberzeugung in uns ist, desto stärker wird auch der Missionssinn sich
in uns entwickeln. Die Missionsbeteiligung ist die Wirkung, der Gradmesser des
inneren Glaubenslebens, und das gilt für jeden einzelnen Christen wie auch für
ganze Völker und Zeiten. Die Natur der Sache und die Erfahrung bestätigt es.
Glaubensbesitz, Glaubensüberzeugung und Glaubensstärke
umfasst die Glaubenstiefe, die wir an Simeon bewundern. Hierin müssen wir ihn
nachahmen. Aber auch:
II. in seiner Glaubensweite. Simeon erhebt sich über die
Engherzigkeit des jüdischen Volkes. Dies träumte nur von einem irdischen
Messiasreich, von nationaler Verherrlichung, von der Befriedigung der eigenen
Wünsche. So denkt nicht Simeon, so dürfen wir nicht denken. Einzig und allein
müssen wir suchen:
1) Gottes Ehre: Salutare tuum quod parasti – „Dein Heil, das
du bereitet hast.“ Um Gott handelt es sich an erster Stelle bei der
Missionsfrage;
2) der Seelen Heil: Lumen
ad revelationem gentium – „Ein Licht zur Erleuchtung der Heiden.“ Wir
dürfen den Sonnenlauf des Evangeliums nicht aufhalten. Wie die Sonne am
Firmament, so soll der Glaube allen leuchten;
3) der Kirche Ruhm: Gloriam
plebis tuae Israel. Von Gott ward die Kirche zur Führerin der Völker
bestimmt. Diese Aufgabe muss sie auch in unserer Zeit erfüllen. Das wird ihr
Ruhm vor Gott und den Menschen sein. Durch das Missionswerk zeigt sie die nie
alternde Kraft des Glaubens, den nie aussterbenden Opfermut ihrer Kinder.
Wenn Simeons Glaube unser Glaube gewesen, wenn seine Liebe
auch die unsrige war, dann wird Simeons Hoffen auch unser Hoffen einst sein.
Dann werden wir sein Sterbelied in der Stunde unseres Todes anstimmen können: Nunc dimittis!
(Aus: Robert Streit O.M.I.: Missionspredigten, Herder, 1913)
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