Baron de Penedo, außerodentlicher Gesandter an Papst Pius IX. |
Fortsetzung von hier
Interessant sind die Manöver,
welche nun von Seite der brasilianischen Regierung ins Werk gesetzt wurden. Ein
außerordentlicher Gesandter, Baron de Penedo, wird nach Rom gesandt – er soll
es dahin bringen, dass der Papst die brasilianischen Bischöfe tadle; und siehe
da, kaum ist er in Rom angelangt, so wissen die Logenblätter schon von seinem
Erfolg zu erzählen. Und wie ist er nach deren Angaben zum gewünschten Ziel
gekommen? Ein paar Millionen Franken, riefen sie aus, haben den Papst in die
richtige Stimmung versetzt. Seht, das Gold ist unfehlbar!
Doch der Jubel war
von kurzer Dauer. Der Logenmeister Saldanha musste selbst bald gestehen, dass
die Hoffnungen der Regierung, den Papst für sich und gegen die Bischöfe
einzunehmen, gründlich gescheitert seien. Pius IX. hat, so gestand der
Großmeister, die Augen vor dem Gold geschlossen, das man im anbot.
Seliger Papst Pius IX. |
Man ging noch weiter. Während die
Regierung durch die Unterhandlungen des Gesandten in Rom den Anschein zu wahren
suchte, als strebe sie nach friedlicher Lösung der Verwicklungen, verurteilte
sie gleichzeitig den Vorkämpfer der katholischen Sache, den Bischof von
Pernambuco.
Der oberste Gerichtshof der Kaiserstadt erblickte in dem Vorgehen
des Prälaten einen Angriff auf die Verfassung; am 17. Dezember wurde die
Inhaftierung des Bischofs beschlossen und am 1. Januar 1874 in Pernambuco
ausgeführt.
Ein Bischof im Gefängnis – das ist stets ein erhebendes und
segensreiches Schauspiel! Auch in Pernambuco bewahrheitete sich das. Bereits
die ersten Stunden der Haft wurden dem heldenmütigen Bischof durch die reuige
Rückkehr vieler Freimaurer versüßt. einer der Hauptanstifter der Exzesse vom
14. Mai 1873 brachte unter nicht enden wollendem Beifall des Volkes ein
donnerndes Hoch aus auf den „brasilianischen Athanasius“.
Marinearsenal vom Rio de Janeiro (Bildquelle: Helder da Rocha from Sao Paulo, Brazil) |
Ein festlicher
Empfang wartete seiner auch in der Kaiserstadt, wo er in dem ungesunden
Marinearsenal eingekerkert wurde. Selbstverständlich konnte der Bischof die
Zuständigkeit der Gerichtsbehörden nicht anerkennen, er verweigerte
folgerichtig alle Auskunft. „Jesus aber schwieg,“ das war seine einzige Antwort
auf die langatmige Anklageschrift.
Zwei Senatoren, wackere Katholiken und
tüchtige Rechtsgelehrte, erboten sich von freien Stücken, seine Verteidigung zu
führen. In meisterhafter Rede entwickelte der eine die Nichtigkeit aller
Klagepunkte, der andere die Unzuständigkeit des Gerichtshofes in rein
geistlichen und kirchlichen Angelegenheiten. Trotzdem lautete das Urteil des Richterkollegiums
auf vier Jahre Zwangsarbeit. Am 12. März bestätigte der Kaiser die
Verurteilung, „ermäßigte“ aber die Strafe auf vier Jahre einfacher
Gefängnishaft.
Bischof Antonio de Macedo Costa, Bischof von Pará |
Am 19. Mai wurde ein zweiter
Bischof gefänglich in die Kaiserstadt gebracht. Es war der Bischof von Pará,
Antonio de Macedo Costa, aus dem Lazaristenorden. Auch er wurde am 1. Juli 1874
auf die nämlichen Anklagen hin zur gleichen Strafe verurteilt. Die Prälaten
befinden sich gegenwärtig in den Gefängnissen zweier Festungen an der Bai von
Rio de Janeiro.
Ihr Mut ist freudig und ungebrochen. Die Briefe der
eingekerkerten Oberhirten atmen die opferwilligste Hingabe an die heilige Sache
und geben zugleich Zeugnis, dass der über Brasiliens Kirche hereingebrochene
Sturm zur heilsamen und tatkräftigen Belebung des katholischen Glaubens recht
viel beiträgt.
So schreibt der hochwürdigste
Bischof von Pernambuco am 2. August 1874 an den Erzbischof von Buenos Aires
über „die großartige religiöse Bewegung, zu der die ungerechte Verfolgung den
Anstoß gegeben“. Er nennt sie „eine heilsame und gesegnete Bewegung, ein
plötzliches und glückliches Aufwachen eines Volkes, das in den Armen der
religiösen Gleichgültigkeit eingeschlafen war am Rande eines bodenlosen
Abgrunds – des Protestantismus“.
Nicht bloß werden den gefangenen Bischöfen aus
allen Teilen des Kaiserreichs die rührendsten Beweise der Teilnahme
ausgesprochen, auch im Senat und in der Kammer findet ihre Sache gewandte und
mutvolle Verteidiger, und aus der Mitte der Bevölkerung erheben sich die
entschiedensten Vorstellungen und Proteste gegen die verübten Gewaltakte.
Neue
Schritte der Vergewaltigung (d.h.
Verfolgung) stellen die Gesetzentwürfe vom 30. Juni in Aussicht. Nach
diesen soll von jedem Akt der kirchlichen Behörde, besonders von der Verhängung
der Suspension und des Interdikts, der Rekurs an die Staatsgewalt freistehen (
- der „niedere Klerus“ soll eben auch in Brasilien gegen die Bischöfe
unterstützt werden-), wer den Entscheidungen der letzteren in Betreff der
kirchlichen Strafen irgendwie entgegentritt, soll der Verbannung und falls der
Zuwiderhandelnde ein Bischof ist, der Amtsentsetzung anheimfallen. Obgleich die
brasilianische Regierung diese entschieden feindliche Maßregel treffen zu
wollen scheint, hält sie doch noch die Beziehungen mit Rom aufrecht.
Ein
zweiter Bevollmächtigter, Baron d’Araguaya Domingo José Gonçalves de Magalhaes,
überreichte Anfang Oktober in Privataudienz dem hl. Vater sein
Beglaubigungsschreiben. Nachrichten aus Rom zufolge soll dieser Diplomat mit
dem Abbruch aller Beziehungen seiner Regierung zum heiligen Stuhl drohen, falls
letzterer sich nicht bald zu den von Brasilien beliebten Zugeständnissen
herbeiließe.
Glaubt man etwa, der heilige Vater werde die mutvollen Bischöfe,
deren Handlungsweise er so lobend anerkannt hat, tadeln oder preisgeben? In Rom
beugt man das Recht und die Wahrheit keineswegs, und man hat dort schon viel
gewaltigere Drohungen, als die der brasilianischen Freimaurer, nicht
gefürchtet, sondern nur mitleidig belächelt.
Die letzten Berichte melden, dass
die Regierung wiederholt unter Androhung von Kerker und Zwangsarbeit den
Generalvikaren von Olinda und Pará die Aufhebung des über die Bruderschaften
verhängten Interdikts befohlen habe. Diese erklärten mit aller Entschiedenheit,
dazu gar keine Vollmacht zu besitzen, und Msgr. Vital richtete neuerdings aus
dem Gefängnis einen offenen Brief an den ersten Minister Rio Branco, in dem er
ihm auseinandersetzte, wie es ganz vergeblich sei, von den Generalvikaren zu
verlangen, was der Bischof verweigern musste und immer verweigern muss.
In einzelnen Distrikten
Brasiliens hat die Unzufriedenheit der Bevölkerung über vermehrte Steuern, über
die neuen Maße und Gewichte, über die Aushebung zum Militär, über die Tarife
usw. sich in Aufständen und kleineren Revolten Luft gemacht. So in Paraiba,
Buom-Giardino (?), Itambe usw. Die Regierungsorgane schrien sogleich, dass der
ultramontane Klerus die Hände im Spiel habe und die Massen fanatisiere.
Mit
regem Eifer wurden nun bei Geistlichen und in Klöstern Hausuntersuchungen angestellt,
alle Briefschaften mit Beschlag belegt, Verhöre angestellt; allein was die
Regierungsmänner wünschten, fand sich nicht vor; man konnte keine Anklage und auch keinen Scheinvorwand finden,
um den Hass des lieben Pöbels auf die Geistlichen zu lenken. Unsere „liberalen“
Zeitungen, z.B. die Augsburger Allgemeine, machen in ihrer liberalen
Wahrheitsliebe selbstverständlich den Klerus und ihn allein zum Schuldigen.
Nach den neuesten Berichten hat der Kaiser die Kammern zu einer
außerordentlichen Sitzung einberufen, um Maßregeln zu beraten, welche dem Land
den religiösen und bürgerlichen Frieden wieder schenken können.
(Aus: die katholischen Missionen,
1875)