Die ersten Karmelitinnen von Bethlehem. Die selige Mirjam von Abellin ist mit einem Kreuz markiert, sie hat laut dieser Quelle den Standort des Klosters ausgewählt. Sie nahm ebenfalls an einer Karmelgründung in Südindien teil. (Das Foto ist leider etwas unscharf, ich habe es im Museum des Karmels in Betlehem aufgenommen) |
(…) Wir haben
uns so lange bei diesem ersten Kloster aufgehalten [dem Kloster auf dem Ölberg
in Jerusalem], dass wir uns für die Gründung des zweiten kurz fassen müssen.
Als
die ersten Karmelitessen im Oktober 1874 in Jerusalem eintrafen, vermutete wohl
niemand, dass kein Jahr vergehen würde, bis eine zweite Kolonie nachfolgen
würde, um ein zweites Kloster in Angriff zu nehmen. Und doch sollte es so
geschehen. Am 24. September, dem Fest Unserer Lieben Frau von der Erlösung der
Gefangenen, schlossen sich zehn Schwestern aus Pau in einem kleinen Karmel zu
Bethlehem ein, um ganz in der Nähe der Grotte der Geburt des Herrn ihr Leben in
Gebet und Buße für die Bekehrung der Sünder aufzuopfern.
Die Feier der
Besitzergreifung fand in der Geburtsgrotte selbst statt, in Gegenwart von Msgr. Bracco. Dort vor der Krippe des Jesuskindes erzählte der Abbé Bordachar,
welcher vom hochwürdigsten Bischof von Bayonne beauftragt worden war, die
Schwestern nach Bethlehem zu geleiten, die verschiedenen Phasen der Gründung
dieses Klosters.
Zahllose Schwierigkeiten hatten sich von allen Seiten erhoben,
aber die Vorsehung hatte sie alle zu entfernen gewusst. Der heilige Vater
selbst interessierte sich sehr für diese Gründung, und seiner Autorität gelang
es endlich, auch die letzten Hindernisse zu beseitigen. Darauf wendete sich
Abbé Bordachar an die Schwestern, welche in der Grotte knieten, wie einst Maria
hier vor ihrem göttlichen Sohn, und fragte jede einzeln, ob sie bereit sei,
nach dem Beispiel des hier geborenen Sohnes Gottes gehorsam zu sein bis zum Tod
und arm, wie er, ohne auch nur zu besitzen, wohin das Haupt zu legen. Mit Herz
und Mund antworteten die Schwestern: „Ja, mein Vater,“ und Herr Bordachar
erinnerte sie dann an die Sendung, die sie demgemäß zu erfüllen hätten, eine
Sendung des unaufhörlichen Gebetes, des beständigen Opfers, der steten Abtötung
zur Beförderung der größeren Ehre Gottes und zur Rettung unzähliger Seelen.
Zum Schluss bat er den hochwürdigsten Patriarchen, diese demütigen Töchter der
hl. Theresia, welche der Bischof von Bayonne gleichsam als Vertreterinnen
seiner Diözese zum Heiligtum von Bethlehem gesendet hatte, unter seinen Schutz
und seine Jurisdiktion zu nehmen. Msgr. Bracco erwiderte, dass er sich
glücklich schätze, in so kurzer Zeit zwei Klöster dieses so eifrigen Ordens in
seinem Patriarchat entstehen zu sehen; er hoffe und vertraue, dass auch dieser
neue Karmel für das heilige Land eine reiche Quelle der Gnaden sein werde.
Darauf begab man sich in Prozession zum nahen Klösterlein; eine der Schwestern
trug ein schweres Holzkreuz voran, welches die eingeschlossenen Klosterfrauen
an ihren Beruf und an die zur Erfüllung desselben empfangenen Gnaden erinnern
soll. Der hochwürdigste Patriarch segnete die einzelnen Zellen und
Räumlichkeiten und zuletzt auch die Kapelle. Dann brachte er das heilige
Messopfer dar, und als der liebe Heiland unter den sakramentalen Gestalten auch
von dem neuen Heiligtum Besitz ergriffen hatte, erklärte Msgr. Bracco das
Kloster für begründet und die Klausur bestehend.
Der 24.
September 1875 wird stets ein denkwürdiger und wichtiger Tag für Bethlehem und
ganz Palästina sein, dessen Wirkungen, wir zweifeln nicht daran, schon in naher
Zukunft sich fühlbar machen werden. Wenn in einem Land viel gebetet wird, kann
der liebe Gott ihm seine Gnade nicht versagen.
(Aus: die
katholischen Missionen, 1876)