Mother Amadeus Dunne O.S.U., die Gründerin der Ursulinenmission in Montana |
Wir entnehmen einem amerikanischen
Blatt das folgende anerkennende Zeugnis über das opferwillige Leben dieser
Klosterfrauen im fernen Nordwesten. „Die Welt“, beginnt der Berichterstatter, „ist
sonst so begierig, ihre sogen. Helden zu feiern und ihnen Denkmäler zu
errichten, und während dessen ziehen täglich Helden und Heldinnen an uns
vorüber, und wir wissen es nicht. Geräuschlos wandeln sie dahin, und selbst
ihre Gräber liegen unbeachtet und vergessen. Dieser Gedanke drängte sich mir
auf, als ich vor einiger Zeit zwei Ursulinen antraf, die sich in Begleitung eines
Vollblutindianermädchens auf der Reise nach Washington befanden, um dort mit
der Regierung wegen ihrer Mission zu verhandeln. Diese Frauen sind in
gebildeten Kreisen aufgewachsen, gewöhnt an alle Annehmlichkeiten eines
zivilisierten und verfeinerten Lebens, als sie in den Orden eintraten. Sie
waren noch jung oder standen höchstens in den mittleren Lebensjahren. Und was
war ihr Leben seit jenem Augenblick, da sie dem Rufe folgte: ‚Verlass alles,
was du hast, und folge mir nach‘? In Kälte und Hunger und unbeschreiblichen
Entbehrungen wohnen sie in den wildesten Teilen des Felsengebirges in roh
gezimmerten Blockhütten, um an 900 über das weite Gebiet zerstreuten
Indianerkindern Mutterstelle zu vertreten, für sie zu kochen, zu waschen, zu
bügeln und ihre Kleidchen zu flicken, vor allem aber, um sie zum Christentum zu
führen und an ein zivilisiertes Leben zu gewöhnen. Nichts hat sie von dieser
Aufgabe zurückzuschrecken vermocht, sie haben ausgehalten, und ihre Ausdauer
ist mit Erfolg gekrönt worden. Das Indianermädchen in ihrer Begleitung war so
gut erzogen, dass in der Weltausstellung von Chicago seine Leistungen einen
Platz fanden.
Und welche Abenteuer die Schwestern
in jener Wildnis erleben! Um die Indianerkinder bei guter Gesundheit zu
erhalten, haben es die Schwestern für notwendig gefunden, einmal im Jahr mit
ihnen 14 Tage lang einen Ausflug in die freie Wildnis zu machen und dort in
Zelten mit ihnen eine Art Picknick-Leben zu führen. Bei einer solchen
Gelegenheit war es, dass eine der beiden genannten Schwestern einst mitten auf
der wilden Prärie von der Nacht überrascht wurde. Das Gefährt war zusammengebrochen,
und die Pferde waren ausgerissen. Der begleitende Wagenführer und Beschützer
war so gelähmt, dass er kaum mehr gehen konnte. Die dunkle Nacht brach ein, und
aus der Ferne ertönte das Geheul der Kojoten. 15 Meilen hatten die
Verunglückten sich mühsam vorangeschleppt, als plötzlich ein Lärm wie das
Getrampel eines Pferdetrupps an ihre Ohren schlug. Es war ein Rudel Kojoten,
welche die Leute gewittert hatten und im schnellsten Lauf den nächtlichen
Wanderern sich nahten. In ihrer Angst nahm die Schwester ihre Zuflucht zu Maria
und rief mit einem lauten Memorare um Hilfe. Seltsam! Wie von Schrecken
erfasst, machte die wilde Hetze sofort Kehrt und jagte zurück über die nahen Hügelhänge.
Bei einer anderen Gelegenheit brachte
dieselbe Schwester eine kranke Ordensfrau von einer Station zur anderen. Ein
Indianerjunge machte den Kutscher und ein Missionär den Begleiter. Da kam über
sie ein Blizzard, dieser Schreck des nordamerikanischen Westens. Der Wagen
wurde umgeworfen, ein Schneewall von 4 m Höhe türmte sich vor ihnen auf, das
Thermometer sank auf 42 Grad unter null. Fast wären die Verunglückten erfroren.
Da raffte der Missionär sich auf, und es gelang ihm mit dem Aufgebot der
letzten Kraft, sich mit einem der Pferde Bahn zu brechen und in der nächsten Station
Hilfe zu holen. Am nächsten Morgen kam eine indianische Feldwache und brachte
die Schwestern nach Fort Custer, wo sie von den Damen liebevoll aufgenommen
wurden. Um den Frost aus den erstarrten Gliedern zu vertreiben, mussten Ölbäder
angewandt werden, und mehrere Tage vergingen, bis die Wirkungen jener
schrecklichen Nacht überwunden waren.“
Durch Buffalo Bills Wild-West sind die amerikanischen Cowboys, dieser wilde Typus berittener Hirten, weithin bekannt geworden. Es ist interessant, was unser Gewährsmann über das Verhalten dieser trotzigen Söhne der freien Prärie den Schwestern gegenüber berichtet. „Wir, die so stolz sind auf unsere feinen Sitten und unser Gefühl und Verständnis für alles Schöne, lassen uns nicht träumen, dass wir in der Wertschätzung dessen, was edel, rein und heilig ist, übertroffen werden von den unbändigen Cowboys der Prärie. Nichts kann die Ehrfurcht und zarte Aufmerksamkeit übertreffen, mit der sie die Schwestern bei zufälliger Begegnung in der Wildnis behandeln. Wenn ein Unwetter sie überrascht hat, dann heißen diese rauen Bewohner der Steppe sie in ihren Blockhütten freundlich willkommen und sagen zueinander: ‚Jungens, wir müssen sehen, dass wir den Schwestern etwas zu essen verschaffen.‘ Dann räumen sie die Hütte und überlassen sie für die Nacht ganz den Schwestern, während sie selbst im Freien irgendwo Unterschlupf suchen. Sie sehen in den Klosterfrauen etwas Übermenschliches und Engelhaftes. Und doch sind diese rohen Leute zumeist nicht Katholiken. Wenn sie auf dem Weg neben ihnen herziehen und sie merken, dass die Schwestern ihr Offizium beten wollen, dann unterbrechen sie ihre Unterhaltung, indem sie einander zuflüstern: ‚Still, die Schwestern sind am Beten!‘
„Wenn man dann die Schwestern“, so
schließt der Berichterstatter, „In der
muntersten Weise erzählen hört, dass sie lange Zeit in ihrer Niederlassung einen
einzigen Stuhl besaßen, der beim Besuch des Bischofs ihm überallhin
nachgetragen wurde, oder dass sie nicht selten, wenn sie am Morgen erwachten, 2–3
Zoll Schnee auf ihrer Bettdecke finden, so mutet dies alles einem an wie ein
Strauß duftender Blumen aus der Wildnis.“
(Aus: die katholischen Missionen,
1893)
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