Pater Joseph Fräßle S.C.J. berichtet aus seiner Mission im
Kongo (in Afrikanische
Missionsgeschichtlein, Band I., 1926) :
Im Dorfe Jamokonga am Kongostrand besitze ich ein Kirchlein
aus Pfählen und einem Blätterdach darüber. Der Altar besteht aus vier Pfählen, auf
denen grob zugehackte Bretter liegen. Über demselben hängt an der Lehmwand ein
schönes Madonnenbild, „Maria, die Hilfe der Christen.“
Als an einem Sonntagnachmittag meine 120 dortigen Christen
und die Taufschüler des Dorfes im Kirchlein den Rosenkranz zusammen beteten, kam
ein Baumkahn voll singender Ruderer rasch über den Strom daher gefahren. Am
Ufer vor dem Kirchlein legte er an, und es entstieg ihm ein Europäer. Dieser
trat sofort auf die Kirchtür zu, blieb dort stehen und rief hinein: „Ha, da sind
die, die eine Frau anbeten!“ Dann klatschte er die Ruderer zusammen und rief
die Heiden des Dorfes herbei, trat wieder vor die Kirche und rief: „Schaut da
die Frauenanbeter, und lacht über sie!“ Er meinte, damit katholische Religion
wegen der Marienverehrung in den Augen dieser Heiden verächtlich machen zu
können, weil bei ihnen die Frau ehrlos und rechtlos ist, nicht als Mensch gilt,
gar sehr verachtet wird.
Den Christen kochte es in den Adern: sie stürzten heraus,
umringten den Weißen, durchbohrten ihn mit ihren zornigen Blicken und alsbald
pflanzte sich diesem Engländer gegenüber ein zehnjähriges Negerbüblein auf, das
ihn nun keck anredete:
„Weißer, hast du auch eine Mutter, oder hat dich ein Hund geboren? Was sagst du dazu, wenn ich deine Mutter schmähe?“ „Probiere das einmal, du dreckiger Knirps! Dann haue ich dich mit diesem Stock in Stücke!“ „Wie, totschlagen willst du mich, wenn ich deine Mutter schmähe? Meinst du etwa, Jesus Christus, der Gottessohn hochgelobt ihn Ewigkeit, dessen Mutter wir ehren, den du aber abscheulich geschmäht hast, Er könnte, wenn Er einmal dein Richter sein wird, nicht auch einen Stock haben und dich in Stücke schlagen, wenn du seine Ihm liebe Mutter Maria beschimpfst, wo sie doch aller Ehre und Liebe würdig ist? Ersäufen wird Er dich wie eine Hundsgeburt in dem feurigen See, der Hölle heißt. Wir werden es sehen und wir werden rufen: Recht so! Denn Maria, die allerseligste Jungfrau, ist auch unsere, der Christen Mutter, und wir lieben sie, weil es auf der ganzen Erde keine Mutter gibt, so lieb, so gut, so fleckenlos und rein.
– Und wie frech du
lügen kannst! Hast du denn keine Ohren, um zu hören, was doch alle Leute hören?
Haben wir etwa gesagt: Maria, Gott bist du, unser Schöpfer, unser Richter: wir
beten dich an? oder haben wir nicht viel mehr gesprochen: Maria, Mutter, bitte
für uns? – Kommt, christliche Brüder und Schwestern, lasst uns in die Kirche
zurückgehen und weiter beten! Der Weiße soll hören und sich seiner Lüge
schämen.“
Die Christen drängten in das Kirchlein zurück. Mit silberheller
Stimme begann der Knabe vorzubeten: „Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade,
der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Weibern…“ Begeisterter als
zuvor fielen alle Christen ein: „Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns
Sünder…“
„Lokuta te = das ist keine Lüge!“ schrien nun alle Heiden,
die vor der Kirche draußen neben dem Europäer standen. „Die Wahrheit ist es,
was der kleine Karl gesagt hat! Sie ehren die Mutter des Erlösers, lieben sie
wie ihre Mutter und erflehen ihre Fürbitte. Dein Wort aber, Europäer,
entspricht nicht der Wahrheit!“
Der Engländer kehrte enttäuscht in seinen Baumkahn zurück
und rief seine Ruderer zur Abfahrt. Unterdessen hatten die Christen ihren
Rosenkranz vollendet, traten auf den Kirchplatz heraus, umklatschten ihren
tapferen Wortführer und riefen: „Karl, du hast brav gesprochen, und der Geist
der Kraft hat dich beseelt! Du hast den Heiland und uns erfreut, weil du seine
und unsere Mutter verteidigt hast! Wer Maria schmäht, der hat es mit uns zu
tun! Wir aber wollten doppelt treu zur guten Mutter unseres Erlösers stehen;
denn ihr edles Vorbild macht uns zu wahren Christen.“
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