Als ich zum ersten Mal nach Han-kia-tsun kam“, so erzählt P. Wetterwald
S.J., Missionär in Südost-Tscheli, „zeigte mir der Dorfälteste – Han-ki-yao
heißt der Mann – ganz stolz den Glockenturm des Kirchleins.
Er ist nämlich
seine eigene Schöpfung, sein Meisterwerk, sein Ruhm. Die Kirche ist übrigens
ein einfaches chinesisches Haus mit flachem Dach aus gestampfter Erde.
Auf
diesem Dach gerade über dem Eingang erhebt sich auf vier Pfählen ein kleines,
mit einem Kreuz gekröntes Turmdach. Darin hängt eine Glocke aus Eisen, die
ähnlich wie die schwerfälligen Schießprügel aus einer chinesischen Werkstatt
stammt. Daneben ist der Schwengel und das Seil, das in die Kirche hinabgeht.
Hier wird geläutet oder besser gebimmelt, ein Geschäft, das der alte Han-ki-yao
keinem anderen Sterblichen überlässt. Mir fiel der sonderbare Klöppel auf. Ich
ging also näher, um mir das Ding besser anzusehen.
Der Alte lachte. „Aber, um
Himmelswillen“, rief ich, „was hast du denn da in die Glocke gehängt, das ist ja
wahrhaftig ein kleiner Teufel, ein Pussah (chinesisches Götzenbild). Welch eine
Idee!“ – „Nicht wahr, Pater, ein famoser Gedanke.
Ich dachte, der Teufel lockt
so viele Leute in die Pagode, da kann der Kerl auch mal Buße tun und dazu
herhalten, um das Volk in das Haus Gottes zu rufen. Wir haben ihm also eine
Kette um den Hals gelegt und in die Glocke gehängt.
Die Leute behaupten, die
Glocke habe einen viel schöneren Klang, seit der Teufel sie läute.“
– „Aber was
sagen die Heiden dazu?“ – „O, die sagen, ihr Christen habt Haare auf den
Zähnen; wir würden so etwas nicht wagen, aber vor euch hat der Teufel Respekt.“
Hier ist ein hübscher Gedanke für unsere Glockengießer. Bekanntlich
musste der Teufel in der mittelalterlichen Baukunst oft genug in humorvoller
Weise herhalten; aber auf den Gedanken des alten chinesischen Küsters ist wohl
noch keiner gekommen.
(Aus: die katholischen Missionen, 1906)