(Süd-Honan) (...) Augenblicklich
ist hier zwar alles ruhig, da der Krieg mit Frankreich zu Ende ist, aber wo die
Behörden den Christen feindlich gesinnt sind, dauern die Verfolgungen mehr oder
weniger offen fort. Noch in diesen Tagen mussten wir in dieser Hinsicht
traurige Erfahrungen machen.
Vorige Woche verjagten die Heiden den Missionär
aus einer neuen Christengemeinde von zehn Familien, die sich zur Taufe
vorbereiteten. Schon seit vorigem Frühjahr nämlich hatten dort beständige Streitigkeiten
mit den Heiden bestanden, welche die Christen zu Geldbeiträgen für die Komödien
und andere abergläubische Gebräuche zwingen wollten. Zuerst kam es deshalb zu
Schmähreden gegen die Christen, man drang in ihre Häuser ein und riss die
religiösen Bilder von den Wänden herunter; endlich fesselten und misshandelten
unsere Gegner einen der angesehensten Christen, der am kräftigsten gegen die
Ungerechtigkeiten und Gewaltakte aufgetreten war.
Wir wandten uns daraufhin an
den Mandarin des Ortes, aber vergebens. Höchstens bekamen wir einige schöne Worte,
mit denen man uns Sand in die Augen zu streuen suchte. Die Gewalttaten
erneuerten sich in Folge dessen. Wiederum machte ein Haufen Gesindel nach dem
Dorf sich auf, ergriff einen angesehenen Christen, einen armen Greis von über
70 Jahren, und schleppte ihn gebunden in eine Pagode, wo er gezwungen werden
sollte, einige Sapeken für die Komödie und anderen Aberglauben zu bezahlen. Der
gute Greis, der kaum am Tag vorher war getauft worden, weigerte sich; und
daraufhin hingen die Barbaren ihn an einem Balken auf und begannen ihn grausam
zu schlagen. Trotzdem aber blieb unser Christ fest bei seinem Entschluss, eher
zu sterben, als vom Schmerz sich besiegen zu lassen.
Übel zugerichtet blieb er
liegen, aber nach einigen Stunden kehrten die Unholde zurück und schlugen ihn
zum zweiten Mal noch grausamer, als zuvor. Auch jetzt noch blieb der würdige
Schüler Christi fest und erklärte, eher werde er sich in Stücke reißen lassen,
als dass er teilnehme an einer götzendienerischen Handlung, wie sie mit den
chinesischen Komödien verbunden sind.
Schließlich wurde er gegen Abend zum
dritten Mal misshandelt; aber auch dieses dritte Mal blieb der gute Greis
Sieger, obgleich er mehr tot als lebendig war.
Wir haben uns an die Behörden
gewandt, aber werden wir Genugtuung erhalten? Unterdessen loben und bewundern
wir den Herrn, dessen Arm noch nicht verkürzt ist und der noch immer und
überall Beispiele von heldenmütiger Standhaftigkeit erweckt. Zudem hoffen wir,
unsere Katechumenen werden nach glücklich überstandenem Sturm die heilige Taufe
mit größerer Sehnsucht empfangen. Auch die Gemeinde des P. Genini, die im
vorigen Jahr viel durchzumachen hatte, erfreut sich jetzt des Friedens und eines
glücklichen Wachstums. Der genannte Pater hat dieses Jahr 38 Erwachsene
getauft.“
(Aus: die
katholischen Missionen, 1886)