Der angeblich „beste Ecuadorianer“, Präsident Eloy Alfaro Delgado (1842-1912) |
Die
Kirchenverfolgung, in Ecuador, über deren Beginn und Verlauf wir im vorigen
Jahrgang S.235 (hier und hier) einen zusammenfassenden Bericht gegeben, nimmt immer noch ihren
Fortgang, und die Gewalttaten, die aus den letzten Monaten des verflossenen
Jahres gemeldet werden, sind wahrhaft empörend.
Am 2. August v. J., dem 21.
Jahrestag der Ermordung Garcia Morenos (eigentlich war es der 6. August), wurde
der ausgezeichnete katholische Schriftsteller Victor L. Vivar auf Befehl des
radikalen Generalgouverneurs von Quito auf öffentlichem Platz erschossen,
nachdem man ihm zuvor die Finger der rechten Hand, welche so oft die Feder
geschickt und mannhaft für die gute Sache geführt, einzeln abgeschnitten hatte.
Ein Schrei der Entrüstung ging durch ganz Ecuador; allein der Usurpator Alfaro
(Eloy Alfaro war mehrfach Präsident von Ecuador, Freimaurer [es ist sogar eine
Loge nach ihm benannt] und wurde 2005 zum „besten Ecuadorianer“ gewählt) ist
umgeben von einer auserlesenen Schar Blutmenschen, zumeist Ausländer, die mit ihm
des souveränen Volkes spotten. Manche der verübten Schandtaten sind gar nicht
mitzuteilen.
Leider scheiterte der im letzten Sommer gemachte Versuch der
Gutgesinnten, das unerträgliche Joch Alfaros abzuschütteln und geordnete
Zustände zurückzuführen. An Begeisterung fehlte es nicht, selbst Frauen und Kinder
nahmen am Befreiungskampf teil; allein es fehlte die notwendige Einigkeit, und
so wurde es Alfaro ziemlich leicht, den „Aufstand“ blutig niederzuwerfen. Nach
der erwähnten Ermordung Vivars waren zahlreiche Verhaftungen und
Gütereinziehungen an der Tagesordnung. Unter den Verhafteten befinden sich auch
eine größere Anzahl Priester, wie z. B. der eifrige, verdienstvolle Pfarrer von
Cayamba, Dr. Negrete.
So sind die Gläubigen in der Erzdiözese wie anderswo
vielfach jeder geistlichen Hilfe beraubt, da ihre Seelsorger entweder in den
Gefängnissen liegen oder flüchtig in den Wäldern umherirren und von den
Spießgesellen Alfaros wie das Wild gehetzt werden.
Große Aufregung
verursachte die gewaltsame Vertreibung der Salesianer Don Boscos, die hier, wie
in anderen Staaten Südamerikas, seit mehreren Jahren eine sehr segensreiche
Tätigkeit entfaltet hatten.
In der Nacht vom 23. August ließ der Gouverneur
Franco (der Mörder Vivars) alle Salesianer in Quito verhaften; ohne ihnen Zeit
zu geben, die notwendigsten Kleidungsstücke mitzunehmen, brachte man die sieben
italienischen Priester zur Polizeistation, von dort wurde sie den 24. um 4 Uhr
morgens abgeführt; man brachte elende Lasttiere herbei und hieß die Patres
aufsteigen. So wurden sie denn, ohne jede Vorbereitung oder Bequemlichkeit,
umgeben von einer zahlreichen Wache, in nördlicher Richtung fortgeschleppt.
Wir glaubten alle, dass man sie an die Grenze von Kolumbien bringen wollte. Welcher Schrecken erfasste uns, als wir vernahmen, dass die Patres nicht nach Kolumbien, sondern über Pailes durch den wilden Urwald nach der Stadt Esmeraldas gebracht und dort auf das nächstbeste Schiff geladen werden sollten!
Wir glaubten alle, dass man sie an die Grenze von Kolumbien bringen wollte. Welcher Schrecken erfasste uns, als wir vernahmen, dass die Patres nicht nach Kolumbien, sondern über Pailes durch den wilden Urwald nach der Stadt Esmeraldas gebracht und dort auf das nächstbeste Schiff geladen werden sollten!
Und womit begründet
man diese Gewalttat? Man sagt, die Salesianer hätten konspiriert! Natürlich
glaubte niemand daran. Welch ein großer Schaden für Quito, das ganze Land,
insbesondere für die Armen, denen die guten Patres nicht nur religiöse und
technische Ausbildung, sondern auch das tägliche Brot, Kleider usw. gratis
gaben, aus der Aufhebung jenes segensreichen Institutes folgt, ist noch gar
nicht zu bemessen.
Die Nachricht
von der Vertreibung der Salesianer gelangte erst in die Öffentlichkeit, als
jene bereits über Berg und Tal waren. In der Aufregung, welche infolgedessen
unter der Bevölkerung entstand, tauchte das Gerücht auf, dass man die
Franziskanerpatres gleichfalls ausweisen wolle.
Während die Männer in der Stadt
und außerhalb sich aus Angst versteckt hielten, kamen Frauen und Kinder in
Scharen herbeigezogen, stellten sich vor dem Franziskanerkloster auf und
erhoben ein weithin hörbares Klagegeschrei. Da eilten auch zahlreiche Männer
herbei und es entstand ein gewaltiges Gedränge. Der Gouverneur ließ Soldaten aufmarschieren,
und die Menge empfing sie mit dem Ruf: „Es lebe die Religion!“ „Es leben die
Franziskaner!“
Da das Volk nicht weichen wollte, gaben die Soldaten Feuer; als die Menge sich
zerstreut hatte, fand man 18 Tote, Männer, Frauen und Kinder, auf dem Platz
liegen. Die Regierung befürchtete indes eine allgemeine Erhebung und ließ
deshalb verkünden, dass sie nie vorgehabt hätte, die Franziskaner zu
vertreiben.
Die furchtbare
Feuersbrunst, die vorigen Herbst die Hafenstadt Guayaquil heimsuchte und nach
einigen Angaben fast drei Viertel der Stadt in Asche legte, wird allgemein als
ein Strafgericht Gottes betrachtet. Da Guayaquil der Stapelplatz für fast
sämtliche Waren ist, die nach dem Inneren bestimmt sind, wird das ganze Land
durch das Unglück betroffen. Guayaquil hat die Züchtigung reichlich verdient.
Es war der Herd fast aller Revolutionen, die das schöne Land so unsäglich
unglücklich gemacht, und hatte seit langem die Führerschaft in dem geistigen
Kampf gegen Kirche und Religion übernommen.
Guayaquil nach dem großen Brand von 1896 |
In sittlicher Hinsicht wurde die
Stadt schon oft mit Sodoma und Gomorrha verglichen. Der letzte Bischof, Msgr.
Barriga, starb gebrochenen Herzens über die unsäglich traurigen Zustände, die
dort herrschen. Sein Vorgänger, Msgr. del Pozo, wurde bei seiner Rückreise aus
Rom von der Bevölkerung seiner Stadt verhindert, ans Land zu steigen, und
musste nach Lima weiterfahren, wo er heute noch in der Verbannung lebt. Er war
es, der beim Eintreffen der Unglücksnachricht als erster eine Sammlung zu
Gunsten der betroffenen Stadt mit 1.000 Dollar unterzeichnete – ein schönes
Beispiel christlicher Rache.
Vor etwas mehr
als einem Jahr wurde auf der großen Plaza in Guayaquil der am meisten verhasste
Bischof von Portoviejo, Msgr. Schumacher, in effigie öffentlich verbrannt,
wobei der aufgehetzte Pöbel in wilder Ausgelassenheit um das Feuer tanzte. Als
dagegen der Revolutionär Alfaro bei seiner Landung in Guayaquil den Bewohnern
verkündete: „Ich bin gekommen, um die Theokratie (die katholische Kirche) zu
stürzen“, jubelte das Volk ihm begeistert zu und erhob ihn zum Nationalgott.
Von hier aus
hat auch diese letzte Revolution wie ein schmutziger, verheerender Schlammstrom
sich über das Land ergossen. Bischof Schumacher weilt seitdem in stiller
Zurückgezogenheit in Kolumbien, ist aber auch hier unablässig tätig zum Heil
der Seelen.
Noch immer lassen die Radikalen in den öffentlichen Blättern ihre
ganze Wut an ihm aus und verbreiten über in die schmählichsten und zugleich
lächerlichsten Gerüchte und Verleumdungen. Dieselben haben den Bischof Ezequiel Moreno Diaz von der Diözese Pasto in Kolumbien veranlasst, in einem
Hirtenschreiben den Bischof Schumacher glänzend zu verteidigen. „Ein großer Ruhm
ist es“, heißt es unter anderem, „wenn der gnädigste Bischof Schumacher
geschmäht, verfolgt und verbannt wird. Diese Verfolgung ist der sicherste
Beweis dafür, dass er die erhabene Mission des katholischen Apostolats erfülle,
die schönste Empfehlung, welche er für seine Unbescholtenheit im Glauben
aufweisen kann.“
Bischof
Schumacher hat einer späteren Nachricht zufolge für eine kurze Zeit die Stille
des Waldes verlassen und sich nach der Stadt Pasto begeben, um dort sein Werk
zu veröffentlichen, welches er schon seit langem vorbereitete.
Noch sind, Gott sei Dank, zahlreiche gute Elemente in Ecuador. Es braucht auch diesmal einen Führer von der Art eines Garcia Moreno, um sie zu gemeinsamem Vorgehen zu einigen. Wir empfehlen das unglückliche Land recht dringend dem Gebet unserer Leser.
(Aus: die
katholischen Missionen, 1897)