Zum Kapitel Einheimischer
Klerus dürfte folgende Mitteilung, die wir einem Brief des hochw. P. Hesse
S.V.D. aus Jendschoufu entnehmen, nicht ohne Interesse sein.
Am 14. August
erhielt der chinesische Seminarist Johannes Dschau von Bischof Henninghaus die
niederen Weihen. Im Lauf des Vormittags besuchte er auch P. Hesse, um ihm für
seine Assistenz bei der Weihe zu danken. Der Pater gratulierte ihm, dass er
treu ausgehalten habe, während so viele seiner Mitalumnen wieder umgekehrt und
anderen Berufen nachgegangen sein.
„Pater“, erwiderte der junge Mann, „du weißt nicht, wie viele Gefahren den Seminaristen drohen. Das sind alles junge Leute, leichte wankelmütig in ihren Entschlüssen, ohne große Erfahrung. Die Welt macht auf ihre Herzen so leicht tiefen Eindruck; das habe ich an mir selber erfahren. Als das Seminar 1900 in Kiautschou war, machten wir öfters Spaziergänge vor die Stadt. Da trafen wir auch deutsche Soldaten an, die sich mit uns in ein Gespräch einließen. Weil sie kein Chinesisch und wir kein Deutsch kannten, so examinierte mich der Sergeant im Latein: ich bestand die Prüfung nicht ganz gut, da ich damals erst fünf Jahre im Seminar war [es handelte sich wohl zunächst um ein Knabenseminar, wo erst später Latein gelernt wurde]. Dann zog er mir seine Uniform an, setzte mir den Helm aufs Haupt und sagte auf Latein: ‚Bleib doch nicht mehr im Seminar, komm zu uns; da trägt man eine schöne Uniform und kann Geld verdienen, das ist doch viel schöner und besser, als Seminarist sein…‘ Pater, das war eine große Versuchung für mich; aber ich danke Gott, dass ich sie ausgehalten habe.“
Mittags nahm
der Neugeweihte im Speisesaal der Priester das Essen ein, zugleich mit dem
hochw. Herrn Bischof und den Priestern, wie es an Weihetagen Sitte ist; er
genierte sich nicht wenig, denn ein europäisches Besteck hatte er wohl noch nie
in seinem Leben in der Hand gehabt, d. h. er hatte bisher immer mit seinen
Essstäbchen gegessen.
(Aus: die
katholischen Missionen, 1911)
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