Der heilige Bonifatius erinnert die Deutschen an die Missionspflicht (Standbild in Fulda) |
Hirtenschreiben der in Fulda versammelten deutschen
Bischöfe zu Gunsten des Franziskus-Xaverius-Vereins:
„Das Werk der Verbreitung unseres heiligen
Glaubens, an dem jeder katholische Christ nach Maßgabe seiner Verhältnisse
teilzunehmen verpflichtet ist, hat in unseren Tagen einen Aufschwung genommen,
aus dem die Kirche gegenüber so manchen trüben Erfahrungen und bedenklichen
Zeichen Trost und Hoffnung schöpft. Überall, wo der Forscherdrang neue Welten
und Länder erschließt und unzivilisierte Völker in die irdische Kultur
einzubeziehen sich bestrebt, folgen sofort die Glaubensboten, um neben der
irdischen Kultur zugleich auch die höchsten Kulturaufgaben durch Verbreitung christlichen
Glaubens und christlicher Sitte zu fördern; ja vielerorts sind die Missionäre den
Pionieren der irdischen Kultur zuvorgekommen, haben das Zeichen der Erlösung
schon aufgepflanzt und die Kinder der Wildnis um dasselbe versammelt. Welch
eine tröstliche Erscheinung inmitten der anscheinend erlahmenden Begeisterung des
christlichen Geistes in manchen Mittelpunkten der Zivilisation!
Die Sorge für die Unterhaltung dieser Missionstätigkeit
hat seit vielen Jahren vorzugsweise die Gesellschaft zur Verbreitung des Glaubens
getragen, die sich nach dem heiligen Missionsapostel, der vor allen am
kräftigsten den Missionsgedanken erfasste und ins Werk setzte, Xaverius-Verein
benennt. Auch nach der vom Oberhaupt der Kirche vor einigen Jahren getroffenen
Ausscheidung und kirchlichen Ordnung einzelner Missionsgebiete bleiben immer
noch 300 Missionen, die lediglich auf seine Unterstützung angewiesen sind.
Allein im Jahr 1909 haben in diesen Missionen über 150.000 Heiden die heilige
Taufe empfangen, ungerechnet die Taufe der Kinder.
Es leuchtet daher ein, wie wichtig es ist,
dass dem genannten Missionsverein, der seine Tätigkeit über die gesamte
katholische Missionswelt erstreckt und allen Bedürfnissen der Missionäre ohne Rücksicht
auf Nation und Herkunft seine Sorge zuwendet, von der Liebe und Freigebigkeit
der Katholiken die Mittel gewährt werden, um dieser Fürsorge entsprechen zu
können. Wie erfreulich ist es deshalb, dass, während in einigen Ländern der
Eifer für die katholischen Missionen zurzeit erkaltet ist, in anderen, z. B. in
Amerika, die Katholiken sich ihrer Missionspflicht bewusst geworden sind und
ihre Freigebigkeit für dieses wichtige Gebiet der christlichen Caritas erhöht
haben! Auch die christlichen Nationen der Alten Welt dürfen in diesem Eifer
nicht zurückbleiben; insbesondere darf Deutschland, das an der Verbreitung der
irdischen Kultur in den neuerschlossenen Ländern in einem so regen Wettbewerb
sich beteiligt, das Gebiet der höchsten Kultur- und Menschheitsinsteressen
nicht vernachlässigen.
Nun ist es dankbar anzuerkennen, wie sehr sich
die deutschen Katholiken dieser Aufgabe in den letzten Jahren bewusst geworden
sind. Bei allen ihren Zusammenkünften, insbesondere auf ihren
Generalversammlungen, hat die Missionsfrage eine besondere Beachtung gefunden,
und sind immerfort neue Anregungen zu eifriger Betätigung auf diesem Gebiet
ergangen. Voll freudiger Hoffnung blicken wir auf diese Bestrebungen hin und
erwarten von ihnen umso größere Erfolge, je mehr die bereits bestehende Organisation
des Xaverius-Vereins ausgebaut wird.
Zu dem Zweck verordnen wir, dass für diesen
Verein in allen Diözesen, wo er nicht vorhanden ist, eine entsprechende
Organisation geschaffen und der Verein gemäß seinen Satzungen in den Gemeinden
eingeführt werde.
Zu den hochwürdigen Pfarrgeistlichen aber
haben wir das Vertrauen, sie werden in ihren Pfarrgemeinden diese Organisation
des Vereins durchführen und pflegen, und empfehlen ihnen, im Laufe des
Kirchenjahres auf die Wichtigkeit des Xaverius-Missionsvereins und die
allgemeine Missionspflicht der Katholiken hinzuweisen, wo
immer sich Gelegenheit dazu bietet.
Diese Gelegenheit benutzen wir aber gern, auch
den Kindheit-Jesu-Verein sowie unseren Bonifatius-Verein und den Joseph-Verein,
welch letzterer die Unterhaltung der Seelsorge für unsere Landsleute im Ausland
zur Aufgabe hat, eindringlich zu empfehlen.“
(Aus: die katholischen Missionen, 1911)