Wiederholt schon wurde in diesen Blättern der
umfassenden Tätigkeit der Kapuziner in Brasilien gedacht, wo der Orden zwei
Apostol. Präfekturen und vier sog. „Missionen“ mit zusammen 60-70 Patres und
etwa 10 Niederlassungen verwaltet. Namentlich leisten die Patres durch die
„fliegenden Missionen“, die bei dem großen Priestermangel in manchen
Landesteilen eine regelrechte Seelsorge ersetzen müssen, sehr bedeutendes. Aus
dem ausführlichen Bericht des Apostol. Präfekten der Kapuzinermission von
Pernambuco, R. P. Gaetano da Messina, heben wir das Wichtigste heraus.
Zunächst gibt er einige lehrreiche und
beachtenswerte Aufschlüsse über die religions- und kirchenfeindliche Arbeit der
Loge und der protestantischen Sekten. Die Freimaurerei stellt in diesen Ländern
eine wirklich unheimliche Macht dar, die mit allen Mitteln dem immer noch
großen Einfluss der Kirche auf die Bevölkerung entgegenarbeitet. Weniger
bekannt dürfte sein, dass die Loge in dem Vordringen des Protestantismus ein
wirksames Mittel sieht, um ihre Zwecke zu erreichen, und daher die Arbeit der
Sekten in jeder Weise unterstützt.
Die Ziele dieser meist amerikanischen Sekten
sind übrigens nach P. Gaetano ebenso sehr politischer als religiöser Natur. Sie
sollen den Traum von einer großen, Süd- und Nordamerika umfassenden Republik
verwirklichen helfen. Zu diesem Zweck muss die im Großen und Ganzen noch
durchaus katholische Bevölkerung erst „aufgeklärt“ und vorbereitet werden, und
das geschieht am besten durch Einschmugglung des Protestantismus. Ob die
Annahme P. Gaetanos, dass alles nach einem in hohen nordamerikanischen
Regierungskreisen ausgeheckten Plan vor sich gehe, zutrifft, wissen wir nicht.
Auffallend ist jedenfalls die Tatsache, dass die Überschwemmung Brasiliens mit
einer Unmenge protestantischer Prediger wie auf ein Kommando erfolgte, dass
ihnen ganz ungewöhnlich reiche Mittel zur Verfügung standen, und dass sie auf
einmal mit Gründung von Kollegien, Schulen, Spitälern und in der Presse eine
fieberhafte Tätigkeit zu entwickeln begannen. Leider kamen ihnen dabei die
vielfach recht traurigen Verhältnisse der brasilianischen Kirche sehr zu
statten. Vor allem gehört dahin der geradezu erschreckende Priestermangel.
(Zählte doch Brasilien für die über ein Gebiet von nicht weniger als 8.631.350
qkm [Europa hat 9.690.843 qkm] zerstreuten 16 Millionen Katholiken um 1900 bloß
2018 Welt- und 546 Ordenspriester; es kommt somit – und dies bei den riesigen
Entfernungen und schlechten Verkehrswegen – auf ca. 6400 Katholiken 1 Priester.
Weiterhin rechnet P. Gaetano dazu „die charakteristische Tatlosigkeit“,
verbunden mit „großer Neuerungssucht, die dem brasilianischen Volk eigen ist“.
So gelingt es den Sekten nur zu leicht, protestantische Ideen und die
Vorurteile gegen die katholische Kirche unter die Massen zu bringen. Die
Vorbereitung gefälschter Bibelübersetzungen und ungezählter Flugschriften ist
ein weiteres Mittel, um den Boden vorzubereiten.
Als ein anderer schlimmer Gegner der Religion
wird von P. Gaetano der im Land sehr verbreitete spiritistische Aberglaube
bezeichnet, der das arme ungebildete getäuschte Volk ganz unter den
unheilvollen Einfluss der zahlreichen feiticeiros
(wörtlich Zauberer) bringt.
Dem gegenüber ist in den letzten Zeiten auch
katholischerseits vieles geschehen, um der katholischen Religion wieder mehr
Geltung zu verschaffen. Die Hauptträger dieser eifrigen Tätigkeit sind die
zahlreichen von Europa zu Hilfe gekommenen Ordensgenossenschaften, unter ihnen
auch die Kapuziner, deren Arbeitsfeld in den Staaten Bahia, Pernambuco, S.
Paulo, Maranhão und Rio Grande liegt. Aus der Jahresarbeit in Pernambuco hebt
P. Gaetano namentlich die segensreiche Frucht der Volksmission hervor, die in
mehreren von den Sekten bedrohten Vorstädten und Ortschaften abgehalten wurden.
Der Zudrang zu denselben war ein ungeheurer. In Casaforte wohnten den im Freien
von dem redegewaltigen P. Cölestin von Pedavoli und P. Angelico von Campora
gehaltenen Predigten durchschnittlich 8.000 Personen, der großartigen
Schlussfeierlichkeit gut 10.000 Personen, in Barro sogar 12.000 Menschen bei.
Die Begeisterung der im Glauben neugestärkten Menge war wahrhaft herzerhebend.
(…)
Um der protestantischen Propaganda kräftig
entgegenzutreten, gründete P. Cölestin, ein ungewöhnlich begabter und
tatkräftiger Missionär, einen katholischen Trutz- und Schutzverein (Liga contra
os protestantes) und trat den Protestanten in Schrift und Wort, namentlich
durch apologetische Vorträge, mit großem Geschick und Erfolg entgegen. Die Liga
hält ihre Versammlungen jeden vierten Sonntag im Monat, wobei P. Cölestin seine
mächtige Stimme erschallen lässt und die Kontroversfragen behandelt. So gelingt
es, die guten Katholiken wieder im Glauben zu stärken und viele schwache und
irregeführte zur besseren Erkenntnis zurückzubringen.
(Aus: die katholischen Missionen, 1904)
Über den herausragendsten Bischof Brasiliens, der ebenfalls ein Kapuziner war und mutig gegen die Freimaurerei kämpfte, hier mehr