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Sonntag, 3. November 2013

Der eucharistische Kongress in Jerusalem – ein Jahrtausendereignis (Teil 2)

Mar Ephrem Rahmani, später syrisch-katholischer Patriarch von Antiochien, nahm am Eucharistischen Kongress teil. Er war ein international angesehener Liturgiker.


Fortsetzung von hier

Am folgenden Morgen fand die erste Sitzung des Eucharistischen Kongresses statt. Die bei dieser Gelegenheit gehaltenen Vorträge – die Sprache war das den meisten orientalischen Bischöfen geläufige Französisch – waren ein großer Lobeshymnus auf das heiligste Sakrament.

Msgr. Gregor II., der griechisch-unierte Patriarch von Jerusalem, fasst die zeugniskräftigen Ausdrücke der Anbetung und der Liturgie der griechischen Kirche in einer gehaltvollen Studie zusammen. Besonders interessant waren seine Ausführungen über die Liturgie der „Präsanctificata“, die bei uns bloß in der Karfreitagsmesse noch üblich, während der Priester der griechischen Kirche an den meisten Tagen der Fastenzeit nur die heilige Hostie kommuniziert, die am vorausgegangenen Sonntag konsekriert und dann aufbewahrt wurde.

Der lateinische Patriarch Msgr. Piavi sprach über die Liturgie des heiligen Apostels Jakobus, die Grundlage der meisten orientalischen Sekten. Msgr. Giragiri, griechisch-melchitischer Bischof von Paneas in Syrien, untersuchte im Anschluss an das Thema des griechischen Patriarchen die drei Varianten der griechischen Liturgie: die des hl. Basilius von Cäsarea, des. hl. Chrysostomus und die der „Präsanctificata“. 

Msgr. Kandalafta, syrischer Bischof von Tripolis, hielt einen Vortrag über die syrische Liturgie, Dr. Athansius Aben-Saïd, der Vertreter des Apostol. Provikars der unierten Kopten, über die Liturgie des koptischen Ritus, die im Wesentlichen diejenige der altberühmten Kirche von Alexandrien ist und auf den hl. Markus und die hll. Basilius und Gregor von Nazianz zurückführt. 
Ihren eigenartigen Charakter erhält sie dadurch, dass sie einen fast ununterbrochenen Dialog zwischen dem Zelebranten, Diakon, dem Dolmetscher und dem Volk bildet, welches am heiligen Opferritus bis in die Details hinein teilnimmt. 

Abbé Martin, Pfarrer von Ausage (Drôme) sprach über den slawischen Ritus, wie er heute noch bei den unierten Bulgaren (ca. 60.000) im Gebrauch ist. Msgr. Rahmani, Erzbischof von Bagdad, folgte mit einer meisterhaften Darlegung des syrischen Ritus. Er wies unter anderem darauf hin, dass die Sprache seiner Kirche dieselbe sei, deren sich der Heiland bediente, als er Simon zum Felsen (Kephas) seiner Kirche machte, bei seinen Wundern, z.B. wo er das Töchterlein des Jairus zum Leben erweckte mit den Worten: Talitha cumi! (d.h.. Mädchen, stehe auf!) und endlich als ersein Opfer vollendend ausrief: Eli, Eli, lamma sabakhtani? (Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?). 

P. Michel von der Genossenschaft der Weißen Väter, die das griechisch-melchitische Seminar von St. Anna in Jerusalem leiten, führte in vortrefflicher Ausführung den geschichtlichen Nachweis, mit welcher Sorge und Liebe die Päpste von jeher die Riten der orientalischen Kirchen zu erhalten gesucht. 

Msgr. Debs, der maronitische Erzbischof von Beirut, brachte einen Aufsatz über das Dogma der Gegenwart Christi im heiligsten Sakrament in der syrisch-unierten und -nicht-unierten Kirche. Msgr. Nikolaus Cadi, griechisch-melchitischer Erzbischof von Bosra und dem Hauran, legte die in der griechischen Liturgie enthaltenen, die Verehrung des heiligsten Sakraments betreffende Zeugnisse vor. Msgr. Tazian, Bischof von Adana (armenischer Patriarch von 1910-1931), endlich verbreitete sich über die Liturgie des armenischen Ritus usw.

Diese und andere zum Teil meisterhaften Vorträge bildeten nicht bloß eine großartige Verherrlichung dieses hehren Geheimnisses, sondern brachten im Verein mit den herzlichen, durch keinen Misston gestörten Verkehr der Bischöfe aus Westen und Osten die Einheit im Glauben und das Gefühl der Zusammengehörigkeit der morgen- und abendländischen Kirche zum schönsten Ausdruck. 

Dazu kam eine in Jerusalem seit den Tagen der Kreuzzüge nie mehr gesehenen Entfaltung des kirchlichen Kultlebens, das, durch das Zusammenwirken der verschiedenen Riten, ein jeder mit der ihm eigentümlichen Schönheit sich doppelt glanzvoll gestaltete, und endlich die heilige Weihe der Andacht, welche durch die Tag und Nacht in allen Konventen, Kirchen und geweihten Stätten fortgesetzte ewige Anbetung in allen Pilgern genährt und gehoben wurde.

Ergreifend schön war, wie der oben genannte amerikanische Bischof erzählt, namentlich die Feier des hohen Pfingstfestes. Der Platz, wo einst der durch die Einsetzung des heiligsten Sakramentes und die Herabkunft des Heiligen Geistes den Christen so heiligen Abendmahlssaal gestanden, ist heute leider in den Händen des Islam, und die an der Stelle erbaute Moschee den Christen nur gegen ein Trinkgeld zugänglich. 

Da kamen die Patres Assumptionisten, die Leiter des Pilgerzugs, auf die glückliche Idee, dicht daneben einen geräumigen Platz zu mieten. Hier wurde am Fest unter einem Riesenzelt die heiligen Geheimnisse gefeiert und wohl an die hundert heilige Messen gelesen. Der Platz ist wahrscheinlich derselbe, wo einst Petrus am ersten christlichen Pfingstfest zu den Tausenden von versammelten Juden gesprochen.

Der Bischof schließt seinen Bericht: „Wie keiner, der dem Eucharistischen Kongress beigewohnt, jemals vergessen wird, was er in diesen Tagen in Jerusalem gesehen, so wird auch Jesus Christus nicht die Gebete und Bußübungen vergessen, die ihm für die Wiedervereinigung der orientalischen Christen mit ihren Brüdern im Westen unter dem einen wahren Hirtenstabe dargebracht wurden.“

In der Tat hat das Ereignis im Orient einen tiefen Eindruck hinterlassen. Möge Gottes allmächtige Gnade das angefangene Werk fördern!

(aus: die katholischen Missionen, 1895)