Mar Ephrem Rahmani, später syrisch-katholischer Patriarch von Antiochien, nahm am Eucharistischen Kongress teil. Er war ein international angesehener Liturgiker. |
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Am folgenden Morgen fand die erste Sitzung des Eucharistischen
Kongresses statt. Die bei dieser Gelegenheit gehaltenen Vorträge – die Sprache
war das den meisten orientalischen Bischöfen geläufige Französisch – waren ein
großer Lobeshymnus auf das heiligste Sakrament.
Msgr. Gregor II., der griechisch-unierte Patriarch von Jerusalem, fasst
die zeugniskräftigen Ausdrücke der Anbetung und der Liturgie der griechischen
Kirche in einer gehaltvollen Studie zusammen. Besonders interessant waren seine
Ausführungen über die Liturgie der „Präsanctificata“, die bei uns bloß in der
Karfreitagsmesse noch üblich, während der Priester der griechischen Kirche an
den meisten Tagen der Fastenzeit nur die heilige Hostie kommuniziert, die am
vorausgegangenen Sonntag konsekriert und dann aufbewahrt wurde.
Der lateinische Patriarch Msgr. Piavi sprach über die Liturgie des
heiligen Apostels Jakobus, die Grundlage der meisten orientalischen Sekten.
Msgr. Giragiri, griechisch-melchitischer Bischof von Paneas in Syrien,
untersuchte im Anschluss an das Thema des griechischen Patriarchen die drei
Varianten der griechischen Liturgie: die des hl. Basilius von Cäsarea, des. hl.
Chrysostomus und die der „Präsanctificata“.
Msgr. Kandalafta, syrischer Bischof
von Tripolis, hielt einen Vortrag über die syrische Liturgie, Dr. Athansius
Aben-Saïd, der Vertreter des Apostol. Provikars der unierten Kopten, über die
Liturgie des koptischen Ritus, die im Wesentlichen diejenige der altberühmten
Kirche von Alexandrien ist und auf den hl. Markus und die hll. Basilius und
Gregor von Nazianz zurückführt.
Ihren eigenartigen Charakter erhält sie dadurch,
dass sie einen fast ununterbrochenen Dialog zwischen dem Zelebranten, Diakon,
dem Dolmetscher und dem Volk bildet, welches am heiligen Opferritus bis in die
Details hinein teilnimmt.
Abbé Martin, Pfarrer von Ausage (Drôme) sprach über
den slawischen Ritus, wie er heute noch bei den unierten Bulgaren (ca. 60.000)
im Gebrauch ist. Msgr. Rahmani, Erzbischof von Bagdad, folgte mit einer
meisterhaften Darlegung des syrischen Ritus. Er wies unter anderem darauf hin,
dass die Sprache seiner Kirche dieselbe sei, deren sich der Heiland bediente,
als er Simon zum Felsen (Kephas) seiner Kirche machte, bei seinen Wundern, z.B.
wo er das Töchterlein des Jairus zum Leben erweckte mit den Worten: Talitha
cumi! (d.h.. Mädchen, stehe auf!) und endlich als ersein Opfer vollendend
ausrief: Eli, Eli, lamma sabakhtani? (Gott, mein Gott, warum hast du mich
verlassen?).
P. Michel von der Genossenschaft der Weißen Väter, die das
griechisch-melchitische Seminar von St. Anna in Jerusalem leiten, führte in
vortrefflicher Ausführung den geschichtlichen Nachweis, mit welcher Sorge und
Liebe die Päpste von jeher die Riten der orientalischen Kirchen zu erhalten
gesucht.
Msgr. Debs, der maronitische Erzbischof von Beirut, brachte einen
Aufsatz über das Dogma der Gegenwart Christi im heiligsten Sakrament in der
syrisch-unierten und -nicht-unierten Kirche. Msgr. Nikolaus Cadi, griechisch-melchitischer
Erzbischof von Bosra und dem Hauran, legte die in der griechischen Liturgie
enthaltenen, die Verehrung des heiligsten Sakraments betreffende Zeugnisse vor.
Msgr. Tazian, Bischof von Adana (armenischer Patriarch von 1910-1931), endlich verbreitete sich über die Liturgie des
armenischen Ritus usw.
Diese und andere zum Teil meisterhaften Vorträge bildeten nicht bloß
eine großartige Verherrlichung dieses hehren Geheimnisses, sondern brachten im
Verein mit den herzlichen, durch keinen Misston gestörten Verkehr der Bischöfe
aus Westen und Osten die Einheit im Glauben und das Gefühl der
Zusammengehörigkeit der morgen- und abendländischen Kirche zum schönsten
Ausdruck.
Dazu kam eine in Jerusalem seit den Tagen der Kreuzzüge nie mehr
gesehenen Entfaltung des kirchlichen Kultlebens, das, durch das Zusammenwirken
der verschiedenen Riten, ein jeder mit der ihm eigentümlichen Schönheit sich
doppelt glanzvoll gestaltete, und endlich die heilige Weihe der Andacht, welche
durch die Tag und Nacht in allen Konventen, Kirchen und geweihten Stätten
fortgesetzte ewige Anbetung in allen Pilgern genährt und gehoben wurde.
Ergreifend schön war, wie der oben genannte amerikanische Bischof
erzählt, namentlich die Feier des hohen Pfingstfestes. Der Platz, wo einst der
durch die Einsetzung des heiligsten Sakramentes und die Herabkunft des Heiligen
Geistes den Christen so heiligen Abendmahlssaal gestanden, ist heute leider in
den Händen des Islam, und die an der Stelle erbaute Moschee den Christen nur
gegen ein Trinkgeld zugänglich.
Da kamen die Patres Assumptionisten, die Leiter
des Pilgerzugs, auf die glückliche Idee, dicht daneben einen geräumigen Platz
zu mieten. Hier wurde am Fest unter einem Riesenzelt die heiligen Geheimnisse
gefeiert und wohl an die hundert heilige Messen gelesen. Der Platz ist
wahrscheinlich derselbe, wo einst Petrus am ersten christlichen Pfingstfest zu
den Tausenden von versammelten Juden gesprochen.
Der Bischof schließt seinen Bericht: „Wie keiner, der dem
Eucharistischen Kongress beigewohnt, jemals vergessen wird, was er in diesen
Tagen in Jerusalem gesehen, so wird auch Jesus Christus nicht die Gebete und
Bußübungen vergessen, die ihm für die Wiedervereinigung der orientalischen
Christen mit ihren Brüdern im Westen unter dem einen wahren Hirtenstabe
dargebracht wurden.“
In der Tat hat das Ereignis im Orient einen tiefen Eindruck
hinterlassen. Möge Gottes allmächtige Gnade das angefangene Werk fördern!
(aus: die katholischen Missionen, 1895)