Im Jahre 1844 schlug für die Salomonsinseln die Gnadenstunde nach der
langen Nacht der Barbarei und des Heidentums. Im Juli dieses Jahres schuf
Gregor XVI. das Doppelvikariat von Melanesien und Mikronesien. Zu Melanesien
gehörten Neuguinea, der Bismarckarchipel, Neupommern und die Salomonen.
Mikronesien sollte im Norden die Marianen, im Osten die Gilbert- und
Marshallinseln und im Westen die Karolinen umfassen.
Schon am 1. Dezember des
folgenden Jahres erschien vor den Salomonen der bescheidene Zweimaster, der den
ersten Apostol. Vikar des weiten Missiongebiets, den edlen Bischof Jean-Baptiste
Epalle, und die ersten Glaubensboten, 7 Patres und 6 Brüder aus der
Gesellschaft Mariens, brachte. Vor den Augen der Missionäre lag die schöne
Insel S. Cristobal, die südlichste der ganzen Gruppe. Von dem Verdeck ihres
Schiffes grüßten sei das liebliche Eiland.
In heiliger Begeisterung stimmten
sie das Ave Maris stella an, während
der Bischof schweigend einige geweihte Medaillen in die Wogen warf. Da S.
Cristobal nicht günstig für die Missionsgründung gelegen war, fuhren die
Glaubensboten weiter, um einen mehr im Mittelpunkt der Inseln befindlichen
Platz zu suchen.
Nachdem man einige Tage lang in einem kleinen Boot die Ufer
untersucht hatte, entschied sich der Apostol. Vikar, ans Land zu gehen. Es war
der 16. Dezember, als Bischof Epalle mit 2 Missionären und 4 Seeleuten das
Segelschiff verließ. Dem Seemann, der ihn fragte, wohin er das kleine
Landungsboot steuern solle, rief er entschlossen zu: „Sofort auf die Hütten
los.“
Schon hält der Kahn am Gestade und verschwinden die mutigen
Glaubensboten im Gebüsch. Da auf einmal gegen 10 Uhr knallen Schüsse, die Missionäre
fliehen zum Boot, ein Laufen, ein Schießen, und in aller Hast fahren sie zum
Zweimaster zurück. Was war geschehen? Aufs Schiff hinauf schafft man zuerst den
Bischof, blutüberströmt, halbentkleidet. Von fünf Wunden klafft sein Haupt, das
Gehirn ist sichtbar.
Allen voran hatte er sich den Häusern der Eingeborenen
genähert, als plötzlich die Wilden aus dem Dickicht hervorbrachen und
losschlugen. Zum Tode getroffen, lag er am Boden, während die seinen im ersten
Schrecken zum Kahne zurückeilten. Erst dort bemerkte man die Abwesenheit des
Apostol. Vikars. Unverzüglich sprang ein Pater wieder ans Land. Mit den
Gewehren trieben die Matrosen die Wilden fort, die schon daran waren, den
sterbenden Bischof zu entkleiden.
Mit übermenschlicher Kraft raffte der
Priester den Kirchenfürsten auf und eilte zurück zum Schifflein, während die
Insulaner tobten. Doch ehe diese eintrafen, war das Boot vom Ufer abgestoßen.
Drei Tage dauerte der Todeskampf des kühnen Missionsbischofs. Am 19.
Dezember 1845 hauchte er seine edle Seele aus, der erste Märtyrer der
Salomonen.
Am Abend des blutigen Tages hieß es, der Schiffskapitän wolle mit
seinen Geschützen und Gewehren die Bluttat rächen; da erhielt er einen Brief,
den alle Missionäre unterzeichnet hatten.
„Herr Kapitän, wir kennen zwar nicht
die Motive, die Sie bewegen, das Landungsboot noch einmal an das Ufer zu
schicken, wo unser Bischof zum Tode getroffen ward, doch glauben wir öffentlich
aussprechen zu müssen, dass wir keine Vergeltung wünschen; denn Rache wäre ganz
dem Geiste unserer Sendung entgegen. Wir wollen nur Opfer und Frieden.“
Nahe bei der Stelle wo er gefallen, beschlossen die Glaubensboten,
ihren Bischof beizusetzen. Nachts feierten sie an Bord des Schiffes den
Gottesdienst, dann gruben sie auf dem Eiland das Grab und senkten den Märtyrer
dort hinab. Ein kleiner Grabstein mit einer Inschrift wurde darauf gelegt, dann
deckte man alles mit dem feinen Sand des Meeres zu.
Mehr als 50 Jahre später
fanden seine Mitbrüder, die damals aufs Neue in die Mission zurückkehrten, hier
die ehrwürdigen Überreste wieder. Am Schädel waren noch die Spuren der
tödlichen Streitaxt zu erkennen. Brustkreuz, zwei Medaillen und Stücke des
Rosenkranzes waren noch vorhanden. Jetzt schmückt ein einfaches Grabmal die
Stelle, wo einer der ersten Maristen und Apostel Ozeaniens seine Ruhestätte
gefunden.