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Sonntag, 14. Dezember 2014

Große Missionsbischöfe: Der Apostel der Papuas – Der Diener Gottes Msgr. Enrico Stanislao Verjus M.S.C., Koadjutor des Apostolischen Vikars von Neu-Guinea (Teil 2)

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1887 wurde P. Louis Navarre zum Apostolischen Vikar von Mikronesien und Melanesien ernannt, und zwei Jahre später wurde die inzwischen deutsch gewordene Insel Neu-Britannien als eigenes Apostolisches Vikariat von „Neu-Pommern“ errichtet und P. Verjus anfangs zum ersten Apostolischen Vikar ausersehen. Das bedeutete für P. Verjus nichts Geringeres, als seine geliebte Mission von Neu-Guinea im Augenblick zu verlassen, da sie hoffnungsvoll zu blühen begann. 
Der leidende Zustand Msgr. Navarres ließ es jedoch ratsamer erscheinen, ihm den noch jugendkräftigen Mitbruder als Koadjutor an die Seite zu stellen, und so verblieb P. Verjus in Neu-Guinea zum Jubel seiner Mitbrüder und Neophyten. 

Seine Bischofsweihe fand am 29. September 1889 mitten im Urwald statt. Nur 14 Tage lang hatten die Missionsschwestern Zeit gehabt, aus ihren kleinen Schätzen, alten Epauletten, Tuchresten u. dgl., einen ganzen Bischofsornat fertig zu zaubern. Auch ein hölzerner goldbronzierter Bischofsstab fehlte nicht. Msgr. Verjus zählte damals erst 29 Jahre, 4 Monate und 3 Tage. Die erhebende Feier war für ihn der Anfang eines apostolischen Opferlebens, wie es ein Missionsbischof selbstloser kaum führen kann. „O guter und einzig geliebter Jesus“, so weihte der jugendliche Bischof sich schriftlich dem göttlichen Herzen, „ich biete mich heute durch die reinsten Hände deiner Mutter deiner Gerechtigkeit und Barmherzigkeit als Opfer dar, indem ich dich bitte und beschwöre, dasselbe zu reinigen, zu heiligen und gänzlich zu vernichten, als Zahlung für die Schulden dieser armen Insulaner und um ihnen die Gnade der Bekehrung zu erwirken. Ich erkläre, o mein Gott, dass du mich beim Wort nehmen und mich all die Härte deiner Gerechtigkeit empfinden lassen kannst. Ja, ich stimme zu, mein Gott! Ich wünsche es! Ich will es! Ich verlange es aufs Innigste… Diese Seelen müssen gerettet, müssen durch dein Blut gewaschen, gereinigt, erlöst werden. Und wenn, o teurer Jesus, um ihnen diese Gnade zuzuwenden, Blut, Qualen, eine Leidenswoche, eine Geißelung, eine Kreuzigung, ein lebendiger Kreuzweg notwendig sind, o so beschwöre ich dich, mein Jesus, nimm mich an. Sieh mich mit allem, was ich bin und habe, mein Blut, meinen Leib, mein Herz, meine Seele, mein ganzes Wesen und Sein“…

Das blieben keine bloßen Worte. Um die geringe Zahl der Missionäre zu ersetzen, suchte sich der junge Missionsbischof selbst gleichsam zu verdreifachen. Ohne Ruhe und Schonung durchzog er das wilde, noch ganz unzivilisierte Land von Stamm zu Stamm, von Dorf zu Dorf, voll verzehrendem Eifer, diese armen Kannibalenvölker dem göttlichen Herzen zu gewinnen, dessen Andacht die Glut und Begeisterung dieser apostolischen Seele entflammte. In acht Jahren waren denn auch auf Neu-Guinea bereits acht Niederlassungen mit ebenso vielen Kirchen und stark besuchten Schulen und zwei Klösterchen für die Schwestern gegründet, sämtlich eigenhändig aus dem an Ort und Stelle vorgefundenen Material erbaut. 300 Dörfer verlangten Missionäre und Unterricht. Alle Bewohner der Jule-Insel, 700 Seelen, waren bekehrt und getauft und gingen ohne Ausnahme alle 14 Tage zu den heiligen Sakramenten und regelmäßig zum Gottesdienst. 

Bereits waren Katechismus und die anderen notwendigsten Bücher in der Landessprache gedruckt, eine Katechistenschule gegründet usw., und dies alles in kaum acht Jahren. Es war merkwürdig, welchen Einfluss der Bischof auf die wilden Insulaner gewonnen. Das Geheimnis desselben verriet der selbst, ohne zu wollen, in einem Brief an seine jungen Ordensbrüder. „Es muss etwas Göttliches in und an euch sein, das die Wilden anzieht, und dies werdet ihr durch die fleißige Betrachtung und Nachahmung unseres Herrn Jesus Christus und  insbesondere seines göttlichen Herzens euch aneignen.“ Nur ein Beispiel aus vielen. Die Gewalttätigkeiten und Übergriffe der englischen Kolonisten und „Forscher“ hatten die Wilden erbittert, und wie gereizte Hornissen bedrängten sie mordgierig die Kolonien. In seiner Not bittet der englische Statthalter den Bischof persönlich um dessen Hilfe. Msgr. Verjus erscheint ohne jede bewaffnete Bedeckung, wie ein Friedensengel unter den wilden kampfgerüsteten Horden. Diese, die schon früher einmal die Streitaxt ihm zum Zeichen der gegenseitigen Versöhnung zweier kämpfender Stämme ausgeliefert und ihn in feierlicher Versammlung zum „Oberhäuptling“ ernannte hatten, gehorchen auch jetzt wieder seiner Aufforderung zum Frieden. Zur Erinnerung an die Begebenheit gründet der Bischof ein neues Dorf unter dem Namen Jesu Baïbo, d. h. Frieden Jesu. 

Die raschen Fortschritte der Mission machten einen Zuzug neuer Arbeiter und Mittel unerlässlich, und so reiste Msgr. Verjus im Lauf des Jahres 1892 nach Europa. Bald kniete er zu den Füßen des Statthalters Christi und überreichte ihm eine aus 300 Häuptlingsfedern gefertigte Tiara als Zeichen der Huldigung seiner Neubekehrten. Darauf wollte er die verschiedenen Häuser seiner Genossenschaft besuchen, um neue Kräfte für seine geliebte Mission zu werben. 

In Oleggio, seinem Geburtsort, den er im Vorbeireisen berührte, sah er seine hochbetagte Mutter wieder, und hier war es, wo Gott das schwerste Opfer von ihm forderte. Ein schlimmes Fieber warf ihn unerwartet aufs Krankenbett. Anfangs hoffte er noch Besserung. „O wie werde ich einst im Fegfeuer leiden müssen für die Zeit, die ich hier im Bett vergeude!“ seufzte er in seinem Verlangen, recht bald wieder in seine geliebte Mission zurückkehren zu können. Selbst in seinen Fieberträumen sprach er von seinen armen Insulanern. Doch sollte sein sehnsüchtigster Wunsch sich nicht erfüllen. Bald war alle Hoffnung verschwunden. Ergreifend war der Schmerz der alten Mutter. Aber Gott in seinen unerforschlichen Ratschlüssen verlangt das schwere Opfer. Am Morgen des 13. November, seinem Namenstag, gab der jugendliche Bischof seine reine, edle Seele dem Schöpfer zurück. Eine schmerzliche Klage ging durch alle Häuser der Genossenschaft, die in dem frommen, seeleneifrigen  jungen Bischof eine ihrer schönsten Zierden verloren hatte.

(Aus: die katholischen Missionen, 1893)