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Sonntag, 17. November 2013

Katholische Missionen und methodistische Revivals


Einem Brief aus New York vom 24. November entnehmen wir Folgendes: „Am vorigen Sonntag wurde in der Marienkirche in Brooklyn die Mission geschlossen, welche der hochw. P. Damen S.J. mit so großem Erfolg gab. 

Am Nachmittag erteilte der eifrige Missionär noch Unterricht für mehrere hundert Erwachsene und Kinder, die demnächst das heilige Sakrament der Firmung empfangen sollen. Sein Wirken war sehr segensreich. Unwillkürlich musste ich der ‚Revivals‘ gedenken, welche vorzüglich unter den englischen Bibelchristen so sehr in Übung sind. Einen größeren Kontrast als katholische Missionen und protestantische Revivals gibt es wohl nicht. 

Während der englische Revivalprediger im Land umherzieht mit einem Koffer voll Predigten, die von berechneten Theatereffekten und Witzworten, von himmelhohen Entzückungsdusel und unergründlich tiefem Zerknirschungsjammer strotzen, mit Liederbüchern voll der wunderlichsten Melodien (deutschen Studenten, Soldaten und Jägern dürften viele nicht unbekannt sein) und noch wunderlicheren Texten, während er seine Waren nicht ausbietet, bevor er sich zuerst versichert hat, ob auch  ein Geschäft damit zu machen ist, erscheint der katholische Missionär mit möglichst geringem Gepäck, aber mit umso vollerem Herzen, mit umso hellerem Kopf, mit umso festerem Willen und mit umso größerer Selbstverleugnung. ‚Dollars zu gewinnen‘ ist nicht seine Absicht, sondern Seelen zu retten sein einziges Ziel. 

Er tröstet die Traurigen, erquickt die Leidenden, stärkt die Schwachen, ermahnt die Wankelmütigen und ist ein Wegweiser der Verirrten; er hält keine bombastischen, blumenreichen Reden, sondern spricht in kerniger, eindringlicher, allgemein verständlicher Weise zum Herzen und gewissen seiner Zuhörer. 

Betrachte dagegen einen ‚Revivalisten‘ – er macht für seine (Geschäfts-) Sache Reklame, und preist sein Talmi-Gold als echtes Edelmetall, seine geschliffenen Glasscherben als echte Edelsteine. Er redet und singt, jubelt und seufzt, steckt sein Geld ein und – geht. Dollars hat er erworben, aber Seelen?! 
Und doch sind diese Revivals ein bemerkenswertes Zeichen der Zeit, denn die rege Beteiligung an denselben, die großen Geldopfer, welche zu ihrer Inszenierung willig gebracht werden, bekunden deutlich, wie tief das Volk die Leere im Herzen empfindet und wie sehr es nach Seelenspeise lechzt. 

Ich stelle gewiss keine neue Behauptung auf, wenn ich sage: nur die Unkenntnis der katholischen Lehre und das durch Jahrhunderte genährte Vorurteil hält die Masse der Religionsbedürftigen von der Schwelle unserer heiligen Kirche fern. 
Ich habe schon manchen, der nur einmal einer katholischen Mission beigewohnt hatte, ohne Katholik zu sein, sagen hören: ‚Wenn ich das Wirken eurer Priester mit dem anderer Geistlicher vergleiche, dann ist es mir fast unerklärlich, weshalb ich mich nicht schon früher um die katholische Kirche gekümmert habe. Aber ihr verlangt ein zu strenges Leben, zu viel Entsagung und Abtötung des Fleisches.‘ 

– ‚Ja, lieber Wahrheitsfreund, protestantisch ist gut leben, aber – katholisch ist gut sterben. Wann aber denkt der Genussmensch ans Sterben? – Wenn der Tod ihm auf der Brust sitzt, wenn er am Rande des Grabes, auf der Schwelle der Ewigkeit steht; und dann ist’s ja leider zu spät. Gestatten Sie mir diese Abschweifung; sie lag so nahe, da das Komitee für Missionen von der Methodist Episcopal Church hier in Sitzung war und 340.000 Dollars für auswärtige Missionen auswarf. 

Der Bericht über die Verhandlungen liegt vor mir und starrt von Zahlen, von denen die größten Dollars und Cents, die kleinsten ‚Bekehrte‘ bedeuten; dann steht noch recht viel von schönem Grundeigentum, prachtvollen Gebäuden, kostbaren Hauseinrichtungen – und hohen Gehalten für die ‚Missionäre‘ darin; - sonst Nichts.“

(Aus: die katholischen Missionen 1877)