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Sonntag, 26. März 2023

„Es werden mich selig preisen alle Geschlechter“: Unsere Liebe Frau von Madhu (Sri Lanka)

 

(Quelle: Virgendelosremedios)

Im Nordwesten Sri Lankas, etwa 150 km südlich von Jaffna, liegt der Marienwallfahrtsort Madhu. Die Region ist seit dem Beginn der portugiesischen Herrschaft über Sri Lanka im 16. Jahrhundert stark katholisch geprägt. In dieser Gegend war der heilige Franz Xaver selbst als Missionar tätig gewesen. In Mantai, einem alten Umschlagsplatz an der Küste, baute man im 17. Jahrhundert eine Kirche, in der ein Bild der allerseligsten Jungfrau verehrt wurde.

Die Verfolgung der katholischen Religion durch die calvinischen Niederländer, die ab 1658 über die Insel herrschten, veranlasste eine Gruppe von Gläubigen aus 20 Familien dazu, im Jahr 1670 mit dem Gnadenbild ca. 40 km ins Landesinnere in den unwegsamen Urwald zu flüchten, um dort eine neue Kirche zu errichten. An diesem Ort soll auch der heilige Joseph Vaz, der „Apostel Ceylons“, gewirkt haben. Die Gründung ging durch das Auftreten von Seuchen nach einiger Zeit zu Grunde. Als jedoch unter der britischen Herrschaft die religiöse Duldung wieder Einzug hielt, begab sich im Jahr 1872 der Apostolische Vikar Jaffnas, Msgr. Bonjean aus der Gemeinschaft der Oblaten der unbefleckten Jungfrau Maria, daran, eine neue Wallfahrtskirche zu bauen, die Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz gewidmet ist. Aufgrund der Abgelegenheit wurde die Kirche erst unter Bonjeans zweitem Nachfolger Henri Joulain fertiggestellt.[1] Der 60 Meter lange neobarocke Bau konnte mit den Spenden einheimischer Katholiken errichtet werden. Die dort verehrte Marienstatue ist eine Madonna im europäischen Stil mit dem Jesuskind auf dem Arm, das als Zeichen seiner Königswürde nach singhalesischer Tradition einen Sonnenschirm hält. Die Statue samt Kind ist vollständig in einen weiten Mantel gehüllt, der meist weiß oder blau ist; die Kleider der Statue werden gelegentlich gewechselt. Sie hat ihren Platz  im einfachen neugotischen Holzaltar.

Ähnlich wie die beiden wichtigsten chinesischen Marienwallfahrtsorte ist auch Madhu bedeutend gewachsen. Waren es am zum Ende des 19. Jahrhunderts 12.000 Pilger, die am Hauptwallfahrtstag, dem Fest Mariä Heimsuchung am 2. Juli, zu Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz pilgerten, wurden es 1924 ca. 150.000. Anlass für die große Zahl der Pilger in jenem Jahr war die Krönung der Madonna durch Erzbischof Coudert von Colombo im Beisein der übrigen Bischöfe Sri Lankas.[2] Ein anschauliches Bild der Wallfahrt zu dieser Zeit zeichnet der Oblatenpater Duchaussois, der berichtet, „dass in diesem Dschungel-Wallfahrtsort, wo ein aus der portugiesischen Zeit stammendes Marienbild (Mutter und Kind, letzteres mit Krone und Sonnenschirm, dem Zeichen der Königswürde) verehrt wird, in der Hauptwallfahrtszeit 30–40 Priester an einfachsten Beichtgittern im Freien 9 Tage lang bis in die Nacht hinein Beicht hören, während die Hälfte der Pilger zu ihrem Schmerz ohne Sakramentenempfang heimkehren muss, weil eben nicht genug Priester zur Verfügung stehen. Und dabei kommen die Leute von den Enden Ceylons und sogar vom indischen Festland in langer, beschwerlicher Reise! Neben den großen Predigten für die Pilgermassen finden unter schattigen Bäumen zwanglose Aussprachezirkel statt, in denen von Missionaren vor der lauschenden Menge die Glaubenswahrheiten gegen einen bestellten ‚Gegner‘ (meist einen christlichen Eingeborenen, der die heidnischen Anschauungen vertritt) verteidigt werden. Tagelang sind in dieser Zeit die nach Madhu führenden Straßen in Staub gehüllt. In dieser Staubwolke bewegen sich endlose Kolonnen von Ochsenkarren mit Pilgern und Massen von Fußgängern aller südindischen und ceylonesischen Rassen dem Wallfahrtsziele zu.

Auch Brahmanen und Buddhisten finden sich ein, aus Neugierde oder Glaubenssehnucht, die oft zur Glaubensbereitschaft wird. Madhu weist jährlich zahlreiche Konversionen auf. Die Massen haben keine Hotels. Das Hotel der Nomadenstadt ist der Dschungel. Die meist armen Leute – Madhu sieht jährlich nur 2000 Reiche – wohnen in Laubzelten. Jede Familie bildet aus dünnem Zweigwerk in Ellbogenhöhe einen Zaun um den gewählten Ruheplatz. (…) Arm und reich schläft nebeneinander, der Kastenstolze neben dem Paria. Das Auto steht neben dem Ochsenkarren. Vom Heiligtum Mariens in der großen Dschungelkirche, deren Holzsäulen Elefanten aus 10 km Entfernung herbeischleppten, strahlt jener Friede und Brudersinn aus, den die Gesellschaft des Mittleren Orients so sehr entbehrt.“[3]

Inneres der Wallfahrtskirche (Quelle: lakpuratravels)

Im Jahr 1944 weihte der Bischof von Jaffna, Msgr. Alfred Guyomar O.M.I., die Kirche unter dem Beisein einer großen Volksmenge. In den Nachkriegsjahren wurde die Statue Unserer Liebe Frau von Madhu zur Pilgermadonna, die in allen Pfarreien der Diözese Jaffna zur Verehrung der Gläubigen ausgestellt wurde, zunächst 1948 und dann 1974, dem von Papst Paul VI. ausgerufenen „Jahr der Versöhnung“. Im Jahr 2001 riefen die Gläubigen die Pilgermadonna besonders für den Frieden auf Sri Lanka an, da sich das Land durch den Konflikt zwischen Tamilen und Singhalesen im Bürgerkrieg befand. Dieser Krieg ging am Wallfahrtsort Madhu nicht spurlos vorüber; wie viele Gebiete des Nordens war auch der Distrikt Mannar, in dem Madhu liegt, eine der Hochburgen der Liberation Tigers of Tamil-Eelam (LTTE), einer bewaffneten separatistischen Gruppierung, die seit 1983 für einen unabhängigen Tamilenstaat auf der Insel kämpfte. In den 1990er Jahren bot der Wallfahrtsort 36.000 Binnenflüchtlingen Schutz und wurde von den Kriegsparteien als entmilitarisierter Bereich betrachtet, kam allerdings am 20. November 1999 unter Artilleriebeschuss – vermutlich durch die Regierungstruppen –, wobei 33 Flüchtlinge in der Herz-Jesu-Kapelle getötet wurden.[4] Als die singhalesischen Regierungstruppen 2008 eine großangelegte Offensive gegen die LTTE durchführte, in deren Rahmen die Rebellen militärisch besiegt wurden, kam es um Madhu erneut zu Kampfhandlungen, und die Statue der Madonna musste an einen sicheren Ort gebracht werden. Sri Lankas Bischöfe setzten sich in einem gemeinsamen Schreiben vom 23. April 2008 für ein Ende der Kämpfe rund um Madhu ein.[5]

Der Bürgerkrieg endete im Mai 2009 mit der Niederlage der LTTE und der Einnahme der Tamilengebiete durch die Regierungstruppen; im selben Jahr fanden sich zum Fest Mariä Himmelfahrt nach einigen Angaben bis zu einer halben Million Pilger ein.[6]

Auf seiner Reise nach Sri Lanka im Januar 2015 besuchte Papst Franziskus Madhu, wo er im Kontext des Bürgerkriegs und des damit verbundenen Leids darauf hinwies, dass die Mutter Gottes den Mördern ihres Sohnes unter dem Kreuz verzieh und darum auch Sri Lanka auf den Weg zu mehr Versöhnung führen würde. Der Papst legte der Statue einen Rosenkranz um den Hals und hob sie zum Segen über die 300.000 Teilnehmer des päpstlichen Besuchs in Madhu.[7]



[1] Deslandes O.M.I.: U.L. Frau von Madu, ein Wallfahrtsort auf Ceylon. In: Die katholischen Missionen, Herdersche Verlagsbuchhandlung, Freiburg 1907
[2] Nachrichten über Indien und Ceylon. In: Die katholischen Missionen, Xaverius-Verlagsbuchhandlung, Aachen 1925
[3] Peters, Joseph: : Maria, seliggepriesen von allen Völkern.  a.a.O.
[4] https://www.tamilguardian.com/content/our-lady-madhu-refugee-her-own-land-bishop
[5] https://omiusajpic.org/wp-content/uploads/2008/06/bishops-demand-ltte-quit-madhu-shrine.pdf
[6] https://udayton.edu/imri/mary/o/our-lady-of-madhu.php
[7] https://www.catholicregister.org/home/international/item/19535-in-madhu-pope-tells-sri-lankans-reconciliation-requires-repentance

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