Das wichtigste Gebet ist das Gebet um die Beharrlichkeit bis zum Ende. Siehe hier

Donnerstag, 28. Juni 2012

Ein Katholikentag, wie er im Buche steht (Teil 2)

Fortsetzung von hier

Der feierliche Empfang des hochw. Herrn Bischofs war das erste auf dem Programm, und er verlief auf wirklich erhebende Weise.
Es war eine stattliche, malerische Prozession, die sich mit dem Bischof und den Patres in der Mitte von der Kapelle nach der Laubhütte in Bewegung setzte.
Wie froh doch die Banner wehten, und wie bunt und freundlich die Indianer und Indianerinnen in ihren Sodalitätsabzeichen ausschauten! Die Laubhütte hatten wir bei dem Versammlungshaus aufgeschlagen; an einem Ende aber stand ein großes, viereckiges Zelt, in welchem wir einen Altar aufstellten, weil dort der Gottesdienst jeden Tag stattfinden sollte. Dorthin geleiteten wir den Bischof.
Nach einer herzlichen kurzen Ansprache kamen alle Sodalitäten, zuerst die Männer und dann die Frauen, herbei und begrüßten ihren Oberhirten und die Patres; darauf wurde das Programm für die folgenden drei Tage verlesen und schließlich einige praktische Winke in Bezug auf die Austeilung der Lebensmittel gegeben.

Unser Programm war sehr einfach. Die ersten zwei Tage fand stets um 9 Uhr das Hochamt statt. P. Zahm war am ersten Tag der Zelebrant, und P. Digmann predigte über die Eigenschaften des Glaubens; am zweiten Tag zelebrierte P. Digmann, und P. Bernhard O.S.B. predigte über die Gottes- und Nächstenliebe.
Der hochw. Bischof wollte anfangs Hochämter coram Episcopo haben, allein auf mein Zureden stand er davon ab; ich fürchtete mit gutem Grund, dass unser Oberhirte es nicht aushielte, und so hatten wir nur ein Hochamt coram Episcopo und zwar am letzten Tag des Kongresses. 

An diesem Tag war morgens um 6 Uhr die Kommunionmesse in der Hauskapelle, in der ziemlich viele Indianer zum ersten Mal das heiligste Sakrament empfingen; dann kam das Hochamt, nach welchem der hochw. Herr Bischof predigte — P. Digmann war sein Dolmetscher — und die heilige Firmung erteilte.
Über hundert Indianer hatten das Glück, dieses heilige Sakrament zu empfangen, und der Bischof sprach so schön und apostolisch, dass es einem warm ums Herz wurde.
Sein Thema war die Kirche und das Walten des Heiligen Geistes in derselben und unter den Lakotas, und zuletzt empfahl er seinen Neubekehrten das Gebet, die Arbeit und den demütigen Gehorsam, was er alles wieder in dem Rosenkranzgebet zusammenfasste, und dieses legte er allen aufs wärmste ans Herz.
Nach der Firmung wurde ein Lakotahymnus gesungen, in dem alle Lakotas aufgefordert wurden, dem Rufe Gottes zur katholischen Kirche zu folgen, und hiermit wurde der 7. Katholische Indianerkongress beschlossen.

Wenn nun aber einer glauben wollte, die gemeinsame Anhörung der heiligen Messe und der Empfang der heiligen Sakramente sei das einzige hervorragende Merkmal dieser Kongresse, so würde er sich täuschen.
Wie bei den früheren, so hielten auch bei diesem Kongress unsere Indianer Versammlungen ab, in denen sie mit all ihren Leiden und Freuden und Plänen und Hoffnungen herauskamen.
Solch eine Versammlung hatten sie am 17. nachmittags vor dem hochw. Herrn Bischof, und der ernste Eifer, mit denen die Präsidenten der einzelnen Sodalitäten da sprachen, verfehlten nicht, den günstigsten Eindruck zu machen.

Neben dieser großen Versammlung wurden im Lauf der drei Tage noch viele kleinere gehalten, und alle hatten den einen Zweck, das katholische Leben unter den Indianern zu fördern.
Es war wirklich erbaulich, wie diese einfachen Naturkinder am frühen Morgen schon sich zum gemeinsamen Morgengesang versammelten, oder wie sie in kleinen Prozessionen, mit den Abzeichen ihrer Sodalität angetan, die Kranken in den einzelnen Lagern besuchten, um sie durch Gesang und Gebet zu trösten.
Aus welcher Absicht solche gemeinsamen Kundgebungen des christlichen Lebens stattfinden, hatte ich schöne Gelegenheit zu beobachten.
Wir hatten ein Begräbnis während des Kongresses. Da kamen nun die Indianer von Standing Rock zu mir und sagten: ‚Wir wollen alle mit zum Begräbnis gehen, mit allen Abzeichen und fliegenden Fahnen; so lernen die Indianer, wie sie beerdigen sollen. Die wissen noch gar nichts; wir wollen es ihnen aber zeigen.‘
Der Vorschlag wurde natürlich angenommen, und das Beispiel wir sicher seine Früchte bringen.

Überaus schön war der Abschied am Montag den 20. Juli. Da hatten sich alle Sodalitäten unten vor der Kapelle aufgestellt und erwarteten den Bischof.
Bis er kam, verbrachten sie die Zeit mit Absingen frommer Lieder. Der hochw. Herr hielt der versammelten Menge noch eine herzliche Ansprache, in welcher er ihr das Fundament der christlichen Gesellschaft, die Heiligkeit der Ehe, ans Herz legte. Dann erteilte er allen den Segen.
Jetzt löste sich der Kreis und die von Standing Rock und Cheyenne River und die Lower Brules und Crow Creeks passierten an meinen Leuten von der Pine Ridge Agentur vorbei und schüttelten jedem die Hand.
So gingen sie nach Haus, und der liebe Gott und ihre heiligen Schutzengel begleiteten sie sicher auf ihrer langen, beschwerlichen Heimreise.

Zum Schluss will ich hier noch drei Resolutionen mitteilen, die der hochw. Herr Bischof bei der großen Versammlung am ersten Kongresstag fassen ließ. 
Die erste war: Von jetzt an hören die allgemeinen Kongresse auf und es werden nur noch Lokalkongresse gehalten, d.h. die einzelnen Reservationen sollen ihren eigenen Kongress abhalten.
Es wurde nur noch für das nächste Jahr eine kleine Ausnahme zu Gunsten der Lower Brules gemacht; sie dürfen nach Rosebud zum Kongress kommen.
Auf diese Weise wird das Aufreibende der Versammlungen vermieden. Die weitab wohnenden Indianer brauchen so auch ihren Hausstand nicht zu vernachlässigen.

Die zweite Resolution war gegen den Kulturkampf, wie er sich neuerdings im Indianerschulwesen zeigt, gerichtet. Die Indianer wurden vom hochw. Herrn Bischof aufgefordert, für ihre katholischen Schulen einzustehen und nach jener Freiheit zu streben, die jedem Bürger der Vereinigten Staaten zukommt. Jeder Bürger darf mit seinem Geld anfangen, was er will; das Indianergeld aber wird von den Kulturpaukern der Vereinigten Staaten gegen das Gewissen und den Willen der katholischen Indianer zur Unterhaltung konfessionsloser Schulen gebraucht.
Dagegen sollen sie sich erklären, und es wir auch geschehen. Ob es was nützen wird, ist freilich eine andere Sache. Nach meiner Absicht beabsichtigt man einen Schulzwang schlimmster Art.

Die dritte Resolution, von der ich viel Gutes hoffe, betrifft unsere Sodalitäten.
Wenigstens bei uns in Pine Ridge war kein Unterscheidungszeichen zwischen wirklichen, praktischen Mitgliedern der Sodalität und den Kandidaten vorhanden.
Ein solches wurde nun beschlossen, und so sind wir in den Stand gesetzt, mehr auf die Regeln zu dringen und nur wirklich eifrige Mitglieder in die Sodalität aufzunehmen; auf der anderen Seite aber bleibt doch allen anderen das Tor offen: sie können unseren Versammlungen beiwohnen, sich das Beispiel der guten Christen ansehen, und gefällt es ihnen, sich als aktive Mitglieder anschließen.
Gebe der liebe Gott seinen Segen zu diesen Beschlüssen!

(Aus: die katholischen Missionen, 1896)