Das wichtigste Gebet ist das Gebet um die Beharrlichkeit bis zum Ende. Siehe hier

Mittwoch, 2. Mai 2012

Ursulinninen auf Tinos berichten über das Sterben einer ganz besonderen Schülerin

In einem Bericht über die Erziehungstätigkeit der Ursulininnen auf der griechischen Insel Tinos findet sich die Geschichte über den erbaulichen Tod eines Zöglings der Schwestern:


Vor etwa drei Wochen hatten wir den Schmerz, eine unserer Schülerinnen zu verlieren. Sie starb nach fünfwöchentlicher, mit unveränderlicher Geduld ertragener Krankheit. Das Kind war nur 13 ½ Jahre alt. Es war uns erst 7 Jahre alt zur Erziehung anvertraut worden und war sonst immer sehr gesund gewesen, dabei lebhaft und munter bis zum Übermaß, fast leichtsinnig. 


Man fragte sich zuweilen, ob die Frömmigkeit in diesem kleinen Herzen wohl tiefe Wurzeln geschlagen habe. Allein die Krankheit enthüllte so recht die ganze Schönheit dieser reinen Seele, die ganz ohne Zweifel ihr Taufkleid unbefleckt vor Gottes Richterstuhl gebracht hat.
Obschon Tag und Nacht vom Fieber verzehrt, kam doch nie eine Klage über ihre Lippen. Die wechselnden Phasen der Krankheit machten eine große Menge Arzneien von Nöten. 


Aber das Kind erbaute uns durch seine sich stets gleichbleibende Sanftmut, Frömmigkeit und Gehorsam. Mit freundlichem Lächeln dankte es für jeden Dienst. Mit seltener Regelmäßigkeit hielt die kleine Kranke ihre geistlichen Übungen. Unaufgefordert machte sie am Morgen ein großes Kreuz und verrichtete ihr Morgengebet, ohne eine Silbe auszulassen. 
Nie überhörte sie den Engel des Herrn. Selbst am Vorabend ihres Todes, als schon der Todeskampf begonnen und ihre Ohren bereits dem Lärm dieser Welt erstorben waren, versuchte sie, sobald sie mich zur Angelusstunde das Kreuz machen sah, ihre kalte, unsichere Hand zur Stirn zu erheben und sie noch einmal mit dem Zeichen des Heiles zu segnen.

Ihr Vater, ein eifriger Katholik, war auf die erste Kunde der Gefahr herbeigeeilt. Er weinte vor Schmerz, dass es einen erbarmte, brachte aber Gott doch mit Ergebung das schwere Opfer. Sein einziger Trost ist heute, Zeuge dieses auserwählten Todes gewesen zu sein. 
Während sechs Tagen kam er kaum vom Krankenbett weg und konnte sich so recht im Glanze der Tugenden seines Kindes sonnen, das der Himmel ihm nur geliehen hatte.
Öfters über Tag sah man das Kind seine Lippen leise bewegen. Auf die Frage, was sie tue, lautete die Antwort: „Ich rede mit meinem Kruzifix“, oder: „Ich unterhalte mich mit der seligsten Jungfrau.“

Sie hatte am Fuß ihres Bettlein ein Bild de Erscheinung (von Lourdes), von dem sie kaum ihren Blick abwenden konnte. Es war dieser Blick oft wie verklärt und voll süßen, unaussprechlichen Trostes. Man sah, das Kind war nicht für diese Erde geschaffen.

Einen anderen Beweis hierfür gab sie, als es sich darum handelte, sie auf die letzten Sterbesakramente vorzubereiten, die sie denn auch mit Andacht empfing.
Als der B
eichtvater erwartet wurde, sagte sie zu mir mit der unvergleichlichen Naivität der Kindesunschuld: „Ich weiß gar nicht, was für Sünden man im Krankenzimmer überhaupt begehen kann; ich habe keine getan, seit ich hier bin. In der Klasse, ja, da habe ich wohl ohne Erlaubnis das Pult aufgemacht, in den Reihen habe ich auch auf dem Weg zur Kapelle und zum Speisesaal geschwätzt; aber hier habe ich gar keine Gelegenheit zum Sündigen; muss ich da wohl eine Generalbeicht machen?“

Zu bemerken ist, dass es ihr keineswegs an Liebe zu ihren Mitschülerinnen fehlte und dass ihre Lippen nie von einer Sünde entweiht wurden. Alle ihre Fehler beschränkten sich auf einige mutwillige Streiche und Vergehen gegen die Disziplin, wozu ihre große Lebhaftigkeit sie verführte. Glückliches Kind!

Lange Zeit bestürmten Schwestern und Kinder den Himmel mit Novenen, Wallfahrten, Gebeten, Rosenkränzen. Nichts wurde gespart, um ihr die Gesundheit zu erflehen. Schon das Mitleid mit dem unaussprechlichen Schmerz ihres Vaters drängte dazu, alles zu versuchen.
Allein auch Maria liebte ihr Kind. Darum gab sie ihrem Engel den Auftrag, diese Lilie zu pflücken, solange sie noch so schön und von makelloser Reinheit war, und sie in den Paradiesesgarten zu verpflanzen. Sie starb am letzten Samstag des März. 
Wir sind der süßen Zuversicht, dass dieser Engel seine weißen Flügel entfaltete und seinen Flug direkt in den Himmel nahm, um dort ihre traulichen Gespräche, die sie hienieden begonnen hatte, fortzusetzen und mit den Engel das Lob Gottes und seiner heiligen Mutter zu singen.“

(Aus: die katholischen Missionen, 1897)

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