Ein junger deutscher Franziskaner, Fr. Rogerius Burgers, macht uns in
einem Brief aus Petropolis (Brasilien) auf ein denkwürdiges Ereignis
aufmerksam, das am 15. August 1900 in der Stadt Pará stattgefunden. An diesem
Tage wurde unter allgemeiner Teilnahme der Behörden und der Bevölkerung das
Denkmal enthüllt, das die dankbare Nachwelt dem Andenken eines demütigen Sohnes
des hl. Franziskus und „eines der ausgezeichnetsten Bischöfe von Brasilien“,
Fr. Caëtano Brandão, gesetzt hatte.
Brandão, geboren 1740 zu Feira in Portugal als Sohn eines Sergeanten
der Ordonnanz, trat bereits als Jüngling in den Orden des seraphischen
Heiligen, machte, ungewöhnlich begabt, seine Studien auf der Universität von
Coimbra, erwarb sich mit großer Auszeichnung den Doktortitel und wirkte dann
längere Zeit als Lektor der Theologie seines Ordens mit dem Rufe eines ebenso
gelehrten als heiligen Ordensmannes.
1782 führte ihn der Wink des Papstes Pius VI. aus der Stille des
Klosters auf den Bischofsstuhl der 1720 errichteten Diözese Pará in
Nordbrasilien. Die Diözese umfasste damals die Provinzen Pará und Rio Negro und
das Generalvikariat S. Feliz in Goyaz, also ein Ländergebiet größer als ganz
Deutschland.
Es war ein Arbeitsfeld, wie es die glühende Gottes- und Nächstenliebe
des neuen Oberhirten nicht besser wünschen konnte. Hören wir, wie selbst der
liberale Geschichtsschreiber Brasiliens, Visconte de Porto Seguro (Historia do Brazil II) das Wirken Brandãos
schildert:
„Dr. Fr. Caëtano de Brandão durchwanderte einen großen Teil des Amazonasgebiets und besuchte nacheinander in vier verschiedenen Reisen sein ganzes Bistum. Die Beschreibung dieser Visitationsreise findet sich gedruckt vor und verdient in der Tat gelesen zu werden. Wir treffen darin bewunderungswürdige Beispiele von dem christlichen Eifer eines Bischofs für das geistige und zeitliche Wohl der ihm anvertrauten Herde.
Außerdem gründete er ein Priesterseminar und ein Spital für
Arme, alles von den vielen Almosen, die er in eigener Person, mit einem Korbe
in der Hand durch die Straßen der Stadt wandernd, gebettelt hatte. Späterhin
gelang es ihm auch, seine beiden Stiftungen durch Dotierung zu sichern.
Sowohl in der Hauptstadt wie in vielen anderen Ortschaften errichtete
er Vereine der christlichen Barmherzigkeit, um Almosen für die Armen zu
beschaffen, als deren naturgemäßer Beschützer er sich stets betrachtete. Einen
sehr wohltätigen Einfluss übte überdies sein Beispiel und sein Eifer auch auf
den Klerus der Diözese aus. Während sechs Jahren führte er den Bischofsstab zur
Zufriedenheit aller...“
Kurz, so fasst derselbe Schriftsteller das schöne
Charakterbild zusammen, „Dr. Fr. Caëtano war ein Musterbischof, der durch seine
Tüchtigkeit und Hirtensorge lebhaft an so manche Bischöfe aus den ersten Zeiten
der Kirche erinnert, Bischöfe, welche eben diese Kirche in die Zahl der Heiligen
aufgenommen hat“.
Ein anderer gleichfalls sehr liberaler Historiker, Freire de Carvalho,
nennt Brandão „einen außerordentlichen Mann, einen wahren Apostel, einen
Prälaten, wie er äußerst selten gefunden wird“.
1790 wurde Brandão Erzbischof von Braga und Primas von Portugal und
starb, wie ein Heiliger verehrt, am 15. Dezember 1805. Seine Schriften und
Korrespondenzen gelten als klassische Muster des portugiesischen Briefstiles.
Das interessante Tagebuch seiner Reisen bildet einen wertvollen Beitrag zur
Ethnographie und Geographie der Stromgebiete des Amazonas und Rio Negro.
(Aus: die katholischen Missionen, 1901)
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