Märtyrer von Nagasaki, zeitgenössisches japanisches Gemälde |
„Im März 1915“, schreibt der belgische Missionär E. Raguet aus Japan, „werden es 50 Jahre seit der Auffindung der Altchristen unserer Inselwelt.
Schon in den vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts waren die katholischen Missionäre wieder mit den Japanern in Verbindung getreten, und oft hatten sie sich die Frage gestellt, ob wohl noch Überbleibsel der alten christlichen Gemeinden, die auf den hl. Franz Xaver zurückgingen, vorhanden seien.
Da erfolgte im Jahr 1862 die Heiligsprechung der 26 japanischen Märtyrer; zur Erinnerung an dieses bedeutsame Ereignis begannen die Priester des Pariser Seminars zu Nagasaki den Bau einer Kirche für die in der Stadt sich ansiedelnden europäischen Katholiken. Aber kaum stand das Gotteshaus vollendet da, als am 17. März 1865 etwa fünfzehn Japaner vor P. Petitjean erschienen und ihm erklärten, ‚sie seien eines Herzens mit ihm.‘ ‚Wirklich? Und woher kommt ihr denn?‘ fragte der erstaunte Missionär.
‚Wir sind aus Urakami, nicht weit von hier, wo fast alle Bewohner mit uns eines Herzens sind‘, lautete die Antwort.
Auf ihren Wunsch zeigte ihnen der Missionär das Bild der allerseligsten Jungfrau. Sie fielen auf die Knie und riefen: ‚O, das ist wahrhaftig Santa Maria! Siehe das Jesuskind in ihren Armen!‘ Und sie erzählten, wie der göttliche Heiland, dessen Geburt am 25. Dezember gefeiert werde, für alle Menschen am Kreuz gestorben sei, und dass sie jetzt eben — es war Fastenzeit — das Andenken an sein Leiden begingen.
P. Petitjean konnte kaum seinen Ohren trauen. Er erkundigte sich weiter und erfuhr nun, dass viele Hunderte von Familien in Urakami den Glauben bewahrt und im Verborgenen ausgeübt hatten.
Die wesentlichen Lehren und mehrere Gebete in lateinischer Sprache hatten sich von Geschlecht zu Geschlecht vererbt, und keiner noch so harten Verfolgung war es gelungen, die starke Organisation der Christengemeinden zu brechen.
Nach wie vor spendeten bestimmte Mitglieder die heilige Taufe, standen dem Gebet vor, setzen den Kirchenkalender auf und stellten die Fest- und Fasttage fest.
Der Jubel der Missionäre war groß, noch größer die Freude der Altchristen. Aus etwa zwanzig Ortschaften strömten die Leute herbei, und Urakami entwickelte sich zu einem großen Katechumenat. Um die Wachsamkeit der noch stets christenfeindlichen Behörde zu täuschen, sammelten sie sich nur des Nachts und den Missionär; aber schon bald hatten die Heiden den Grund der nächtlichen Wanderungen erraten, und nun brach eine neue offenen Verfolgung über die Christen herein. Am 8. Juli 1867 umringten Soldaten den Versammlungsort, nahmen die Kultusgegenstände weg und schleppten 64 der angesehensten Katholiken ins Gefängnis.
Etwa ein Jahr später, am 14. Mai 1868, veröffentlichte die kaiserliche Regierung einen Erlass, der den Christen von Urakami Verbannung oder Hinrichtung androhte, sollten sie die Religion des Westens weiter ausüben.
Und am 7. Juni erschien ein Edikt, das über 4006 Katholiken das Verbannungsurteil aussprach. Schon am 20. Juli wurden 114 Familienväter nach Nagasaki berufen und nach den verschiedensten Gegenden abgeführt.
Zwar brachten die politischen Unruhen, die die Anhänger des alten Feudalismus gegen die kaiserliche Regierung erregten, eine kurze Frist der Ruhe; aber am 1. Januar 1870 wurden wieder 700 Christen in die Verbannung geschleppt, und in den folgenden Tagen sollte der Rest von Heimat und Hof scheiden müssen.
9. Januar lag das schöne Tal leer und einsam da. Voll Ergebung in Gottes Willen waren die Armen fortgezogen, laut den Rosenkranz betend, die Frauen geschmückt mit dem weißen Schleier, den sie am Tag ihrer Taufe getragen hatten.
(Aus: die katholischen Missionen, 1915)
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