(…) Gleich die erste Tat der russischen
Regierung nach der Einnahme Lembergs war ein Angriff auf die unierte Kirche,
die Gefangennahme des ruthenischen Erzbischofs von Lemberg, Grafen von Scheptyzkyj.
Unter dem nichtigen Vorwand, er habe die Orthodoxen verfolgt und den einen Teil
der Russen Galiziens gegen den anderen aufgewiegelt, schleppten die Russen den
allgemein verehrten Kirchenfürsten zunächst nach Kiew, dann nach
Nischni-Nowgorod und endlich nach Kursk.
Wohl hatten die Vertreter der österreichischen
Regierung und seine Freunde ihn vor der Aufgabe Lembergs durch die
österreichischen Truppen wiederholt gebeten, er möge sein Leben nicht aufs
Spiel setzen und Lemberg zugleich mit den Truppen verlassen. Doch auf alle
Bitten hatte der Erzbischof nur die eine Antwort: „Wo die Herde, da muss auch
ihr kirchliches Oberhaupt sein; was immer auch kommen mag, unter keinen
Umständen werde ich meine Herde und mein Volk in dieser schweren Stunde
verlassen und werde auf meinem Posten ausharren.“ Für die Sache der Union
erklärte er sich gern und freudig zum Martertod bereit.
Lange Zeit drangen keine näheren Nachrichten
über das Los des Erzbischofs durch, bis vor kurzem die Blätter meldeten, dass
der Oberhirt durch Vermittlung des schwedischen Roten Kreuzes einen feierlichen
Protest gegen die unmenschliche Behandlung durch die Russen erlassen und den Heiligen
Vater um Hilfe angerufen habe. (…)
(Aus: die katholischen Missionen, 1915)
Nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft im Jahr 1918 hatte der Erzbischof schwere gesundheitliche Probleme, weshalb der tatkräftige Mann auch einen Koadjutor für seine Visitationsreisen benötigte.