Fraser Canyon bei Fountain, BC |
Zu den schönsten Indianermissionen Britisch-Nordamerikas (d.h. Kanadas)
gehört unstreitig diejenige der Oblaten in der Diözese Westminster, British
Columbia. Die gleichnamige Provinz zählt auf 990.100 qkm etwa 100.000
Einwohner, die Diözese etwa 20.000 Katholiken, von denen ein großer Bruchteil
Indianer sind. Seit mehr denn 50 Jahren haben die Oblaten mit unermüdlichem
Seeleneifer unter den verschiedenen Stämmen gewirkt und Christentum und
Zivilisation unter ihnen verbreitet.
Ein Einzelbild aus dem dortigen Missionsleben gibt der Bericht eines
jungen Missionärs, des hochw. P. Rohr, der vor einiger Zeit die zahlreichen
Indianerniederlassungen längs des Fraser-Flusses besuchte. Dieselben
erstreckten sich in einer Länge von etwa 100 englischen Meilen und besteht
durchschnittlich bloß aus je 40-50 Köpfen.
„Die Indianer haben sich überall
selbst ein Kirchlein oder eine Kapelle gebaut und bestehen darauf, dass der
Schwarzrock – nicht wie es ehemals geschah, sie an einen Ort zusammenruft –
sondern ihre Lager einzeln besucht. Sie sind sogar eifersüchtig, wenn er eines
der Lager öfters beehrt als andere.“
So nimmt der Rundgang trotz aller Dampfer-
und Bahngelegenheiten 6-8 Wochen in Anspruch. Die Ankunft des Schwarzrocks ist
aber auch jedes Mal ein wahres Fest für die Rothäute, die mit kindlicher Liebe
an ihren Seelenhirten hängen.
Hören wir nun, wie P. Rohr den Verlauf dieser Wandermission schildert.
„Um 6 Uhr stehen wir auf und bereiten uns zur heiligen Messe vor, die von einer Ansprache begleitet ist. Nach dem Frühstück ist Christenlehre bis Mittag, eine zweite Christenlehre geht der Segensandacht am Abend voraus und eine dritte schließt den Tag ab.“
„Um 6 Uhr stehen wir auf und bereiten uns zur heiligen Messe vor, die von einer Ansprache begleitet ist. Nach dem Frühstück ist Christenlehre bis Mittag, eine zweite Christenlehre geht der Segensandacht am Abend voraus und eine dritte schließt den Tag ab.“
Eigenartig schön sind einige Gebräuche und Sitten, die
sich in diesen Indianergemeinden eingebürgert. „Bevor die Leute zur Beicht
gehen, kommen sie alle und knien vor dem Priester nieder. Dann tritt einer nach
dem anderen vor und bittet um Verzeihung für alle gegebenen Ärgernisse. Der
Pater gibt dann jedem eine kleine Ermahnung, die sich natürlich auch an die
übrigen richtet.
Mann und Frau knien nebeneinander, bringen ihre häuslichen
Zwiste vor, indem sie sich gegenseitig ihre Schuld vorhalten, um dann feierlich
Frieden zu schließen.“
Aber auch außer der Beicht wird in der Christenlehrhalle oder in der Wohnung des Häuptlings eine Art Kapitel gehalten mit freiwilliger Selbstanklage, eine Art öffentlicher Kirchenbuße. „Alles versammelt sich. Die Frauen nehmen Platz auf dem Boden, die Männer sitzen auf Stühlen. Der Priester stellt sich in die Mitte und gibt das Zeichen zum Beginn. Lautlose Stille tritt ein. Alles wartet gespannt, wer wohl den Anfang machen würde.
Endlich erhebt sich einer, tritt
vor, kniet vor dem Pater nieder und macht das Zeichen des Kreuzes. Dann hebt er
an und sagt z.B.:
‚Ich spreche zu Gott und zu dir, mein Vater. Mein Herz hat
keinen rechten Mut, das Gebet schmeckt ihm nicht mehr, es vergisst oft, zu
beten. Daher freut es sich, dich hier zu sehen, denn du kommst, um ihm Hilfe zu
bringen und es zu reinigen. Ich habe gesprochen.‘
Der Pater sagt in diesem Fall einiges über das Gebet, wie notwendig
dasselbe sei, um ein gutes Leben zu führen u. dgl. Hat einer öffentliches
Ärgernis gegen, so klagen ihn die übrigen an. Er verteidigt sich so gut er
kann, und der Pater gibt das entscheidende Urteil. Hat z.B. ein Mann dem
Schnaps zugesprochen, so muss er, falls er noch nicht die erste heilige
Kommunion empfangen hat, 2 Dollar, sonst 3 Dollar Strafe zahlen. Das Geld wird
zu Kirchenzwecken, zur Anschaffung von Altargeräten u. dgl. verwendet.
Hie und da kommt es bei diesen öffentlichen Schuldbekenntnissen wohl auch zu hitzigen Auftritten, so dass der Priester vermittelnd und versöhnend eingreifen muss. Diese Verhandlungen finden meist abends statt und ziehen sich oft tief in die Nacht hinein.
Die Krone der für jede Neiderlassung so gnadenreichen
Missionstage bildet jedoch die Generalkommunion. Das Allerheiligste bleibt den
ganzen Tag lang ausgesetzt. Blumen, Kerzen, bunte Lampions schmücken das
Heiligtum. Im Dorf herrscht Sonntagsruhe; alles geht festtäglich gekleidet. Zu
jeder Tageszeit knien Andächtige vor dem Tabernakel.
Jeder Familienvater bringt
Frau und Kind mit. Dabei reden viele mit dem Heiland im Tabernakel ganz laut,
danken ihm für alle Gnaden, bitten um Verzeihung, dass sie denselben nicht
besser entsprochen, und versprechen Besserung.
Die Männer bleiben oft stundenlang
knien und scheinen nicht müde zu werden, dem Heiland laut ihre Liebe zu
versichern. Manche Christen von drüben täten gut daran, hierher zu kommen und
von diesen Wilden zu lernen. Menschenfurcht kennen sie nicht; niemand denkt
auch nur daran, zu lachen; sie fühlen sich alle eins vor Gott. So was tut dem
Herzen des Missionärs wohl, es ist sein einziger Trost.
Der Tag schließt mit der Weihe ans göttliche Herz. Dabei knien die
Häuptlinge mit brennenden Kerzen vorn an der Kommunionbank und weihen sich und
ihre Familien dem Heiland, indem sie alle ihre Kräfte aufzubieten, dass der
Teufel nicht unter den Ihrigen Soldaten werbe. Eine krachende Böller- oder
Flintensalve verkündet den Schluss des feierlichen Aktes.
Selbstverständlich sind nicht alle diese Rothäute Musterchristen, und
auch unter ihnen finden sich laue und nichtsnutzige Menschen, im Ganzen aber
bieten diese Gemeinden ein wirklich trostvolles Bild eines echten lebendigen
Christentums.
(aus: die katholischen Missionen, 1904)
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