Andoun Bedros Kardinal Hassoun |
Der höchste an Rang und der bedeutendste an Einfluss unter den 1883 und
1884 heimgegangenen Kirchenfürsten der Propaganda-Gebiete ist Anton Hassun,
früher armenisch-katholischer Patriarch von Konstantinopel und Cilicien,
zuletzt als erster armenischer Kardinal mit dem römischen Purpur bekleidet.
Sein Name wurde in den kirchlichen Wirren des Orients in den letzten
Jahrzehnten oft genannt, sein ganzes Leben ist ein mächtiges Stück
Kirchengeschichte.
Aber eben weil sein Name so vielgenannt ist und so
hochberühmt, kann man das so vielbewegte Leben des Kardinals nicht in ein paar
Zeilen zusammenfassen.
Die Inschrift auf dem Markusstuhl: „In aeternum juxta Romam“, „mit Rom immer und ewig“, war sein ganzes Lebensprogramm; kein Wunder: ist er doch als Schüler der Propaganda aufgewachsen, „im Schatten der Peterskirche“, wie Pius IX. einst sagte. In der Kirchengeschichte trat Anton Hassun auf, als er 1838 zum Erzbischof von Anazarbe i.p. und zum Koadjutor des Primas von Konstantinopel, Msgr. Maruschi, ernannt wurde; er erhielt zugleich das Recht der Nachfolge.
Sein Vorgänger
starb 1846. Im Jahr 1850 errichtete Primas Hassun, von Pius IX. ermächtigt,
sechs Bistümer. Durch den Beschluss der Bischofsversammlung von Bsommar am
Mariä-Himmelfahrts-Fest 1866, oder richtiger durch die darauffolgende
päpstliche Bestätigung, wurde der Primas von Konstantinopel zugleich Patriarch
von Cilicien.
Nach dem vatikanischen Konzil erhob sich wider ihn Schisma und
Cäsarismus. Es war eine für unsere Zeitläufe recht bezeichnende Episode, als
der verbannte Patriarch am 27. Juli 1872 im Vatikan den Papst im Gefängnis
besuchte.
Pius hatte wie immer Worte des Trostes und der Zuversicht. Er
schenkte dem Exilierten ein wertvolles Brustkreuz und sagte dabei: „Das Kreuz,
das Gott dir auferlegt, mein Sohn, ist unendlich kostbarer, als jedes, dass ich
dir geben kann.“
Zwar durfte er nach einigen Jahren auf seinen Primatialsitz
zurückkehren, sollte aber sein Leben dort beschließen, wo in allen Stürmen
seine Grundsätze fest verankert blieben: in Rom.
Von Leo XIII. Anfang Dezember 1880 dahin berufen, empfing er am 14. d. M. das
rote Birett und das „Verargon“, ein violettes armenisches Überkleid, das er
nach einer eigens dafür erlassenen Bestimmung der Ritenkongregation als
Kirchenfürst des armenischen Ritus tragen sollte.
In der Ansprache Leo XIII.
wurde er auf den großen Kardinal Bessarion als Vorbild hingewiesen. Ist dieser
auch der erste Kardinal des Orients gewesen, so war Hassun doch der erste
Armenier, der den Purpur trug.
Nun arbeitete er trotz seiner 80 Jahre mit
rüstiger Kraft in den Kongregationen, bis er am 28. Februar 1884 seiner
Tätigkeit durch den Tod entrissen.
(Aus: die katholischen Missionen, 1884)