Msgr. Sokolski, Erzbischof der unierten Bulgaren |
Dies ist die Hintergrundgeschichte zu diesem Post
(...) Eine Unionsakte mit der klaren Anerkennung des Primates Petri
wurde aufgesetzt, welche bald 2.000 Unterschriften fand, und am 30. Dezember
1860 zogen 200 Abgeordnete der bulgarischen Nation im in feierlichem Aufzug aus
der Kirche der unierten Armenier zum apostolischen Delegaten, Erzbischof
Brunoni, um von ihm die Aufnahme in den Schoß der katholischen Kirche zu
erbitten.
Zugleich überreichten sie ein Schreiben an den Papst, welches den
Glauben der katholischen Kirche in allen Punkten annimmt und für die
bulgarische Kirche nur die Beibehaltung ihres Ritus und Wiederherstellung der slawischen
Liturgie erbittet. Eine Gesandtschaft von vier bulgarischen Klerikern wurde erwählt,
um die Unionsakte dem Papst zu überreichen.
In Rom herrschte natürlich über diese Vorgänge große Freude. Pius IX. umarmte in väterlicher Liebe die bulgarischen Gesandten und nahm in einem Breve vom 21. Januar 1861 die Bittsteller zur Einheit der Kirche auf, indem er ihre Liturgie ihnen bestätigte.
Nach Verlauf von drei Monaten gab er der neuen Kirche auch
einen Hirten in der Person des bulgarischen Archimandriten Sokolski. Der Papst
in eigener Person wollte dem Erwählten die bischöfliche Weihe erteilen, und am
14. März fand die erhebende Feier statt. Seit den Unionen von Florenz und
Brest, so meinte später ein Augenzeuge, habe die Kirche kaum einen
feierlicheren und rührenderen Tag gesehen.
Selbst die Zufälligkeiten des Ortes
und der Zeit schienen wie absichtlich herbeigeführt, um die Feier noch zu
erhöhen. So traf nach Rechnung einiger im Jahre 1861 gerade das tausendjährige
Jubiläum der ersten Bekehrung und Union Bulgariens ein, und schon der Ort der
Zeremonie, die Sixtinische Kapelle mit ihrem großen Bild des jüngsten Gerichts,
erinnerte an dieses große Ereignis, das herbeigeführt wurde durch den Eindruck,
den ebenfalls eine Darstellung des jüngsten Gerichts auf König Bogoris (Boris)
gemacht hatte.
Wie ausgesucht schienen auch die beiden Evangelien des Tages,
als man in ihnen die Worte vernahm: „Du bist Petrus, d.h. der Fels, und auf
diesen Felsen will ich meine Kirche bauen“; „es wird Ein Schafstall und Eine
Herde werden.“
Der selige Papst Pius IX. |
Pius IX. war außerordentlich bewegt und seine herzliche Ansprache
machte auf Alle einen tiefen Eindruck. Besonders ergreifend war der Augenblick,
als er von seinem Thron sich erhob und, die Arme zum Dankgebet erhebend, in die
Worte ausbrach: „Dir sei Ehre, Dir sei Ruhm, Dir Danksagung, Jesus Christus,
Quell der Barmherzigkeit und allen Trostes, der Du auch in unseren Tagen Deine
Wunder erzeigst, damit Alle Deine wunderbaren Werke verkünden möchten.“
Msgr. Sokolski weinte laut vor Rührung. Ein ehrwürdiger Greis mit
langem, schneeweißem Bart und schon ein wenig vom Alter gebeugt, kniete er am
Fuß des päpstlichen Thrones, neben sich auf der einen Seite den jungen
bulgarischen Diakon Raphael Popoff, auf der anderen P. Eugen Boré, den Obern
der Patres Lazaristen von Konstantinopel, einen unermüdlichen Missionär, der
sich um die Union die größten Verdienste erworben hatte. Alles, was Msgr.
Sokolski während der Weihe zu sagen hatte, drückte er in bulgarischer Sprache
aus, während P. Boré jedes seiner Worte ins lateinische übersetzte. Zum ersten
Mal vielleicht hallten an den Gewölben der Sixtinischen Kapelle damals die
Klänge der slawischen Sprache wieder.
Nach der Weihe ließ sich der neue Erzbischof auf einem Thron vor dem
Altar nieder, auf dem Haupt die orientalische Mitra in Gestalt einer
Kaiserkrone, in der Hand den griechischen Hirtenstab. Dann stimmte der Papst
das Te Deum an, und während die Sänger den Hymnus fortsetzten, schritt der
Neugewählte in feierlicher Prozession durch die Kapelle. Zum Schluss erteilte
er vom Altar aus Allen in bulgarischer Sprache den bischöflichen Segen.
Msgr. Sokolski machte auf Alle den besten Eindruck. Die strengen Fasten, die er beobachtete, seine langen und heißen Gebete und besonders seine einnehmende Freundlichkeit ließen in ihm den Mann von tiefer innerlicher Heiligkeit vermuten. Ganz entzückt war er von der Person Pius IX. „Das ist ein Engel, das ist ein Heiliger“, wiederholte er fortwährend. Was aber am meisten allen anwesenden Bulgaren auffiel und sie für Rom gewann, war nach ihrem eigenen Geständnis der Gegensatz zwischen dem Stolz der griechischen Patriarchen und der herablassenden Milde des Papstes. Gewöhnt an das hochfahrende Wesen ihrer bisherigen Oberen, konnten sie gar nicht begreifen, wie der Papst, das Oberhaupt von 200 Millionen und zudem weltlicher Monarch, mit ihnen allen so väterlich freundlich umgehe.
Nach kaum drei Wochen, in den ersten Tagen des Mai, erhielt dann die
Propaganda Kunde von der glücklichen Ankunft des Erzbischofs von
Konstantinopel. Ohne Unfall war er mit seiner Begleitung in der Morgenstunde
und früher eingetroffen, als man erwartete.
Die Unierten konnten ihm also
nicht, wie es beabsichtigt war, in Prozession an den Hafen entgegenziehen. Erst
als der Erzbischof schon die heilige Messe begonnen hatte, erfuhr man von
seiner Ankunft, und da dauerte es auch nicht mehr lange, bis die Kirche sich
mit Andächtigen überfüllte.
Nach dem heiligen Opfer wandte Msgr. Sokolski sich
an die Anwesenden und erzählte ihnen mit begeisterten Worten von dem Empfang,
der ihm in Rom zu Teil geworden, von den Gnaden, die ihm der Heilige Vater
erwiesen. „Rom ist ganz Liebe,“ war der Ausdruck, den er immer und immer
wiederholte.
Abends brachte man dem Prälaten eine feierliche Ovation. Die Feierlichkeiten,
welche am Morgen beim Empfang nicht stattfinden konnten, wurden nachgeholt, als
der neue Erzbischof sich zum apostolischen Delegaten, Msgr. Brunoni und zum
Primas der Armenier begab.
Msgr. Sokolski ritt im Zug auf einem kostbaren,
reich gezäumten Pferde, das ein armenischer Adeliger ihm zum Geschenk gemacht
hatte. Es folgten ihm der Archimandrit mit der Geistlichkeit und den
Reisebegleitern, und zu beiden Seiten ritten die Ältesten der bulgarischen
Nation auf stolzen Rossen in Nationaltracht und mit langen Lanzen in der Hand.
Den Zug schloss eine von der hohen Pforte gesandte Ehrenwache, und überall auf
dem Weg empfing der Erzbischof die militärischen Ehrenbezeugungen seitens der
türkischen Soldaten.
Dieses Zeugnis für die günstige Stimmung der Pforte
verfehlte natürlich nicht seinen Eindruck. In der Tat kam der Regierung die
Union ganz erwünscht; sie fand in ihr ein Mittel, die bulgarische Frage zu
lösen, ohne in die Schlingen Russlands zu geraten.
(Die katholischen Missionen, 1885)